SWP Uwe Roth 03.08.2017
Architekturwettbewerb „Turm am Mailänder Platz“ – Die Strabag nährt den Verdacht auf Vetterleswirtschaft. Sie favorisiert für ein Hotel den zweitbesten Entwurf.
Stuttgart. Die Stadt Stuttgart streitet mit dem Investor, der im Europaviertel einen Hotelkomplex mit bis zu 60 Meter Höhe hinstellen möchte. Vermutungen sind laut geworden, die Strabag Real Estate GmbH (SRE) wolle den Sieger des von ihr ausgelobten Architekturwettbewerbs „Turm am Mailänder Platz“ übergehen und stattdessen wegen familiärer Verbindungen zum Strabag-Konzern den zweiten Preisträger zum Zuge kommen lassen. Das Preisgericht hatte das Wiener Büro MHM architects auf den zweiten Platz gesetzt.
Gegründet worden ist das Büro 2005 von Sebastian Haselsteiner. Dessen Vater Hans Peter Haselsteiner war bis 2013 Vorstandsvorsitzender der Wiener Strabag SE. Der 73-Jährige ist nach einer Meldung vom 27. Juli auf dem Wiener Fachportal boerse-express.com nach seinem Ausscheiden immer noch „ein Kernaktionär des größten Bauunternehmens in Österreich“.
Investor sagt wenig Gutes über den Siegerentwurf
Das war offensichtlich den Vertretern der Stadt nicht bekannt. Nach der „Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen“ (VOF) sind Personen von der Teilnahme an Wettbewerben ausgeschlossen, „die sich durch Angehörige oder ihnen wirtschaftlich verbundene Personen einen entsprechenden Vorteil oder Einfluss verschaffen können“.
Auffällig: Strabag-Bereichsleiter Uwe Jaggy hatte bei der Präsentation der Wettbewerbs-Ergebnisse im Juli wenig Gutes über den Entwurf des Wettbewerbsiegers, dem Büro RKW Architektur + in Düsseldorf, zu sagen. Er betonte, der Entwurf müsse in einigen Punkten überarbeitet werden. „Der Auswahlprozess ist noch nicht gänzlich abgeschlossen“, so Jaggy.
Nach dieser Formulierung könnte das Düsseldorfer Büro tatsächlich leer ausgehen und die Wiener ihre Pläne realisieren. Würde SRE den Wettbewerbssieger ignorieren, wäre das ein ungewöhnlicher Vorgang. Thomas Treitz, Referent für Wettbewerb und Vergabe bei der Architektenkammer Baden-Württemberg, sagt aus seiner Erfahrung: „Ein privater Auslober muss sehr gut begründen können, warum er von der Entscheidung der Jury abweicht.“ .⇥Uwe Roth
Siehe auch:
http://journalistroth.eu/mailaender-platz-stuttgart-hotelturm-mit-gruener-fassade/
http://journalistroth.eu/stararchitekt-helmut-jahn-in-backnang/