Fahrgastzahlen fordern den VVS heraus

Südwest Presse, Uwe Roth, 25.10.2018

Insgesamt 40 Jahre gibt es den Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) schon. Doch in die Vergangenheit wird kaum geblickt, sondern in die Zukunft. Am 1. Oktober 1978 waren die ersten drei S-Bahn-Linien von Stuttgart (S1), Ludwigsburg (S2) und Weil der Stadt (S6) in Betrieb gegangen. Was übersichtlich mit wenigen S-Bahn-Zügen Fahrt aufnahm, umfasst heute einen Fuhrpark aus etwa 1700 Personentransportmitteln – S-Bahn-Triebwagen, Stadtbahnen, Dieseltriebwagen, Oberleitungsbussen, Zahnradtriebwagen, Standseilbahnwagen und Omnibussen. Im vergangenen Jahr legten sie zusammen 382 Millionen Fahrten zurück.

In den kommenden Jahren wird sich der VVS-Fuhrpark stark vergrößern. Der Verkehrsverbund vollzieht 2019 einen Wandel, der durchaus vergleichbar ist mit dem Jahr 1993, als auf den Monat genau vor 25 Jahren der VVS-Tarif von der Schiene auf den Busverkehr ausgeweitet wurde. Wegen der Neuerungen sprachen die Redner beim Festakt zur 40-Jahr-Feier vor allem über die Zukunft. Drohende Fahrverbote und rasant steigende Fahrgastzahlen fordern den Verkehrsverbund heraus, der von der Landeshauptstadt und den vier umliegenden Kreisen getragen wird. Gehen die Pläne zum Ausbau des ÖPNV-Angebots nicht auf, droht der Verkehrskollaps.

Aus 52 werden fünf Tarifzonen im VVS

Im Zuge der Tarifreform werden am  1. April 52 Tarifzonen durch nur noch fünf Ringzonen ersetzt. Die Fahrgäste werden um 42 Millionen Euro entlastet, heißt es beim VVS. Vor allem die Stuttgarter und die Stuttgart-Pendler profitieren: Sie sparen im Zentrum eine Zone. Unzählige Ticketautomaten müssen umgestellt werden. VVS-Geschäftsführer Horst Stammler gibt sich entspannt: „Im Moment sind IT und die Administratoren gefordert.“

Der Busverkehr steht für Stammler auf der Agenda weit oben. Er verweist auf den Erfolg, den die Ausschreibung der 50 Linienbündel nach EU-Wettbewerbsrecht gebracht habe. „In allen Landkreisen sind die Angebote dadurch deutlich ausgeweitet worden“, stellt er fest. Bislang habe es einen Leistungszuwachs von zehn Prozent im Vergleich zu 2015 gegeben. „Und es wird in der Zukunft besser werden“, ist er überzeugt. Damit zu den Hauptverkehrszeiten die Drängelei in den Stadtbahnen und S-Bahnen aufhört, werden von 2021 an S-Bahnlinien über den Tag im 15-Minuten-Takt verkehren.

Landkreis Göppingen kommt in den VVS

Das VVS-Gebiet hat sich seit der Gründung des Verbunds wenig verändert. 2014 kam der Landkreis Göppingen sozusagen auf Probe dazu. Die vollständige Aufnahme soll nach langen Verhandlungen zum Ende des Jahres erfolgen. Doch noch hat der Kreistag der Vollintegration nicht zugestimmt. Der Leiter des Amtes für Mobilität und Infrastruktur beim Landkreis Göppingen, Jörg-Michael Wienecke, sagt: „Die zentrale Frage vor der Abstimmung wird sein: Können wir uns das Ganze leisten?“ Der jährliche Kostenanteil, der von Göppingen an den Träger des VVS, den Verband Region Stuttgart, gehen würde, wird auf drei bis fünf Millionen Euro geschätzt.

Weitere Landkreise werden in den kommenden Jahren aller Voraussicht nach nicht hinzukommen. „Aber es gibt einzelne Kommunen, die Interesse daran haben, sich am VVS zu beteiligen“, sagt Stammler. Auch Städte, die bereits im Verbund sind, verlangen nach individuellen Lösungen. So gibt es in Ludwigsburg seit August ein Stadtticket. Es ist eine Tageskarte für drei Euro, die fürs Stadtgebiet gilt. Insgesamt 16 Städte in der Region hätten an solch einem Ticket Interesse bekundet.

Abgesehen von solchen Entwicklungen wird sich das VVS-Gebiet in den kommenden Jahren öffnen müssen und ein Stück weit Eigenständigkeit verlieren: Von 2021 an sollen nach den Plänen der Landesregierung Fahrgäste landesweit gültige Fahrkarten über die Grenzen der Verkehrsverbünde hinweg vom Start bis zum Ziel lösen können.