Bietigheimer Zeitung, Uwe Roth, 17.05.2018
Rike Scheffler ist die erste Stadtschreiberin in Ludwigsburg. Am Dienstag hat sie sich im Kunstzentrum Karlskaserne zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Während Schriftsteller oder Lyriker höchstens ein paar Bücher, vielleicht noch einen USB-Stick in eine Lesung mitbringen, ist sie vor zwei Wochen mit schwerem Gepäck aus Berlin angereist.
Ihr Equipment besteht aus Keyboard, Loopingmaschine, Stimmenharmonizer, Mischpult, zwei Mikrofonen, Lautsprechern und einem Verstärker. Das alles hat sie im Eingangsbereich der Kaserne aufgebaut. So wie die 32-Jährige mit ihrer Technik jongliert, Regler dreht, Knöpfe drückt, erinnert sie eher an eine DJane als an eine Literatin. Das erklärt, warum die Veranstaltung nicht „Lesung“ genannt wird, sondern „Performance“.
Orchestrale Klangkulisse
Rike Scheffler ist zweifelsfrei eine Wortkünstlerin. Studiert hat sie Psychologie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. „Nie war die Neigung des Erdballs so herrlich“, lautet so ein Satz ihrer Poesie. Oder: „Wann traust du dich raus. Wann schlägt dein Denken in Handeln raus.“ Aber Scheffler ist ebenso Sängerin – und vor allem, sie beherrscht ihre Musikmaschinen exzellent. Loop bedeutet Schleife. Mit dem entsprechenden elektronischen Gerät funktioniert das so: Scheffler spricht oder singt eine Sequenz, die nur wenige Sekunden dauert und aufgezeichnet wird. Danach drückt sie die Starttaste, und die Sequenz geht in die Endlosschleife. Auf diesen Loop legt sie einen weiteren und manchmal noch einen zusätzlichen drauf. Das schafft eine Klangkulisse, die einem kleinen Orchester gleichkommt und zu der sie „live“ ein weiteres Klangelement setzt. Ihre Stimme verändert sie über den Harmonizer.
Diese klingt dann zum Beispiel mehrstimmig. Dazu mischt die Performancekünstlerin Hall und erinnert damit im Klangergebnis an den meditativen Gesang von Nonnen in einer Kathedrale. Ihre Loops kombiniert sie gelegentlich zu kleinen Hörspielen. Sie nennt ihre Stücke „Looppoems“.
Erste Stadtschreiberin
Vergangenen Oktober ist die Künstlerin als erste Stadtschreiberin von Ludwigsburg ausgewählt worden. Hintergrund ist, dass die Stadt in diesem Jahr die 35. Baden-Württembergischen Literaturtage austrägt. Die Entscheidung der Jury fiel gerade wegen ihrer ungewöhnlichen Darstellung auf die Berlinerin, um auch jüngere Menschen für die Literatur zu interessieren, die mit klassischen Gedichten wenig anfangen können.
Bezug zur Stadt
Rike Scheffler wohnt in der Künstlerwohnung in der Karlskaserne und bleibt für Recherchen bis Ende Juni in Ludwigsburg. Ihr Werk, das am 19. Oktober bei der „Langen Nacht der Poesie“ in der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg präsentiert wird, soll einen erkennbaren Bezug zur Stadt haben. Schließlich feiert Ludwigsburg in diesem Jahr 300 Jahre Stadtrecht.