Bietigheimer Zeitung, Uwe Roth, 19.12.2018
Der Arsenalplatz in Ludwigsburg ist ein geschichtsträchtiges Pflaster. Wo vor etwas mehr als 100 Jahren Kanonen standen und Soldaten in Habachtstellung auf dem harten Pflaster auf den Abtransport zu ihrem Kriegseinsatz warteten, parken heute Autos in Reihe und Glied. Die Stadtverwaltung möchte bereits seit fünf Jahren im Rahmen ihrer Pläne zur weiteren Entwicklung der Innenstadt aus dem öffentlichen Parkraum einen Park machen – zumindest eine kleine Grünanlage. Das wäre in der Innenstadt dann der zweite grüne Flecken.
Die Grünen im Gemeinderat finden das erwartungsgemäß gut. Die übrigen Fraktionen können sich einen autofreien Arsenalplatz dagegen nicht vorstellen – zumindest derzeit noch nicht. Deswegen hat Oberbürgermeister Werner Spec seinen ursprünglichen Plan aufgegeben und der bürgerlichen Mehrheit im Gemeinderat einen Kompromiss angeboten: Die Autos sollen in zwei Schritten von der Fläche zwischen der Arsenalstraße und dem Staatsarchiv verschwinden. 40 Prozent der Parkplätze sollen erst einmal erhalten bleiben. Damit könnten dort an manchen Tagen weiterhin Veranstaltungen wie Outdoor-Messen oder das Naturvision Filmfestival stattfinden. „In absehbarer Zeit“, so Baubürgermeister Michael Ilk, soll das Areal aber endgültig und für immer autofrei werden.
Außer den Grünen begrüßt eine Mehrheit im Gemeinderat den Umgestaltungsprozess in zwei Etappen. Wie dieser Prozess vonstattengehen könnte, will die Verwaltung der Phantasie von Stadtplanern überlassen. Im Frühjahr wird laut Ilk ein Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben. Bis Jahresende können Planer ihre Ideen beim Rathaus einreichen. Der Baubürgermeister ist nach eigener Aussage selbst gespannt, welche Lösungsvorschläge präsentiert werden. Denn die Planer haben zu berücksichtigen, dass durch die Wilhelm- und Arsenalstraße eine Trasse für den BRT und später für die Niederflurbahn führen soll, die eine Zufahrt für Autos auf den Arsenalplatz unmöglich machen könnte.
„Am besten wäre es, die Arsenalstraße für Autos zu sperren. Viele Autofahrer wollen gar nicht in die Innenstadt, sondern nutzen die Schiller-, Arsenal- und Wilhelmstraße nur als Abkürzung zur B 27. Aber eine Sperrung ist politisch nicht durchsetzbar“, ahnt Ilk. Vor dem Jahr 2021/22 dürfte mit einer Fertigstellung des ersten Planungsabschnitts jedoch nicht zu rechnen sein.
Debatte wie beim Marktplatz
Der Streit um den autofreien Arsenalplatz erinnert an gleiche kontroverse Debatten im Gemeinderat vor 30 Jahren über die Neugestaltung des Marktplatzes. Der war bis 1992 vom Autoblech bedeckt. Der Brunnen in der Mitte stand einsam auf der Zufahrts- und Ausgangsstraße des öffentlichen Parkplatzes. Dass dort an selber Stelle einmal Eltern auf Stühle sitzend und mit einer Eistüte in der Hand ihren Kindern beim Spielen zuschauen können, war damals unvorstellbar. Heute ist der Platz neben dem Schloss die wichtigste Adresse für Touristen. Gegner hatten in den 1980er-Jahren argumentiert, die Parkplätze müssten zum Schutz des Einzelhandels bleiben. Außerdem drohe ansonsten ein Abwandern der Kundschaft ins Breuningerland.
Die Argumente von CDU und Freien Wählern sind bis heute so geblieben. Den Bürgern dürfe das Einkaufen mit dem Auto nicht vermiest werden, sagen sie. Ihr erster Kompromissvorschlag war, die Parkflächen unter die Erde zu verlegen. Dann könnte darüber eine Grünfläche wachsen. Finanziell und organisatorisch sei dies schwer umsetzbar, hielt die Verwaltung dagegen. Gleichzeitig präsentierte sie Bauwünsche der Kreissparkasse. Die wird in der Nachbarschaft ihren Stammsitz erweitern und unter anderem eine dreigeschossige Tiefgarage bauen. Ein Teil soll öffentlich zugänglich sein. Mit diesem Angebot würden auf dem Arsenalplatz wegfallende Parkplätze kompensiert, sagt Ilk.
Von einigen Gemeinderäten wird gesagt, sie kämpften um den Erhalt der Parkfläche, um sich letztendlich gegen den BRT und eine Niederflurbahn zu stellen. Denn, wie die Straßen rund um den Arsenalplatz, den Autoverkehr und zusätzlich einen BRT oder eine Niederflurbahn verkraften sollen, ist im Gemeinderat nicht ausdiskutiert. Verkehrsplaner Volker Deutsch vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, der kürzlich in einer Veranstaltung der Stadt einen Vortrag zum BRT hielt, machte deutlich, dass im Straßenraum kein gemeinsamer Platz ist für Verkehr, Parken und ÖPNV-Trassen.