Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 06.04.2017
Die Strenger-Gruppe profiliert sich als Anbieter günstigen Wohnraums. Geschäftsführer Karl Strenger warf bei der Präsentation seiner Bilanz 2016 der Politik vor, in diesem Bereich völliges Versagen vor.
Das Ludwigsburger Immobilienunternehmen Strenger plant für das laufende Jahr einen Produktionsumsatz von 360 Wohneinheiten im Wert von 145 Millionen Euro in den Räumen Stuttgart, Frankfurt und München. Das teilte am Mittwoch Firmenchef Karl Strenger mit. Mehr als zwei Drittel dieser Objekte wird nach seinen Angaben die Tochterfirma Baustolz in einem günstigen Preissegment entwickeln. Die Strenger Gruppe werde die Eigenheime mit einem Preisvorteil von bis zu 20 Prozent unter dem Marktpreis anbieten, kündigte der Geschäftsführer an. Ein Teil werde dem Mietmarkt als „Fair-Wohnen-Modell“ angeboten.
Seitenhieb gegen die WBL
Die Bezeichnung ist ein Seitenhieb gegen die Wohnbau Ludwigsburg (WBL), die Mietwohnungen ebenfalls in dem von ihr so benannten Fair-Wohnen-Modell anbietet. Nach Überzeugung Strengers wird die kommunale WBL bei der Realisierung von Wohnbauprojekten zu Unrecht bevorzugt, da Oberbürgermeister Werner Spec die Meinung äußerte, private Immobilienunternehmen ignorierten das Thema sozialer Wohnungsbau.
Die Folge davon sei, überall im Ludwigsburger Stadtgebiet komme die WBL zum Zug und die Gewerblichen hätten keine Chance auf den Ankauf weiterer Grundstücke.
Laut Strenger wollen sich die privaten Bauträger die nach ihrem Empfinden unfaire Behandlung nicht länger gefallen lassen und in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie gegen die Stadt Klage wegen unlauteren Wettbewerbs einreichen. Falls ja, werde der Prozess „bundesweit für Aufsehen erregen“, prophezeite Strenger. Sollten er und seine Mitstreiter Recht bekommen, stünden Schadenersatzansprüche im Raum.
„Politiker halten Reden – wir den Preis. Revolution Eigenheim.“
Generell ist der Strenger-Chef auf die Politik nicht gut zu sprechen. Sämtliche Ankündigungen, den Wohnungsbau spürbar anzukurbeln, hätten bisher nichts gebracht. Sein Marketing nutzt inzwischen Guerilla-Taktiken, um die Öffentlichkeit auf die nach seiner Meinung politische Tatenlosigkeit aufmerksam zu machen. So patrouillierten in den vergangenen Monaten im Auftrag des Immobilienunternehmens in einer Art spontanen Demonstration auf den Straßen junge Menschen mit Plakaten und der Aufschrift „Politiker halten Reden – wir den Preis. Revolution Eigenheim.“
Der Spruch wurde auf öffentliche Gebäude projiziert – so auch auf das Ludwigsburger Rathaus, aus dem postwendend ein Bußgeldbescheid an die Firma Strenger erging. Er ist ein weiteres Indiz für die dicke Luft, die derzeit zwischen dem Oberbürgermeister und der lokalen Immobilienbranche herrscht. Am 24. Mai soll die Protestaktion mit einer Podiumsdiskussion beendet werden.
Positive Gesamtbilanz
In der Gesamtbilanz kann Strenger indes nicht klagen: „Mit einem im Branchenvergleich überdurchschnittlichen Wachstum von 31 Prozent übertraf das Ludwigsburger Familienunternehmen sein Produktionsziel, das im vergangenen Jahr auf 120 Millionen Euro angesetzt war.“ Knapp 147 Millionen Euro sind es geworden. Größtes Problem sei, neue Grundstücke zu finden und die „wahnsinnig langen Entwicklungszeiten“ bei den Projekten. Beispielsweise habe Strenger vor sechs Jahren in Bietigheim-Bissingen Teile des Valeo-Geländes erworben. Immer noch warte man auf die endgültige Baufreigabe.
Insgesamt, so lautete seine Prognose, sei auf dem Immobilienmarkt „bis 2020 mit einer gleichbleibend hohen Nachfrage bei moderaten Preissteigerungen zu rechnen“.