SWP Uwe Roth 02.12.2016
Die schottische Whisky-Lobby verklagt eine kleine Brennerei aus dem Rems-Murr-Kreis wegen Namensklau. Doch diese wehrt sich vor dem EU-Gerichtshof.
Für Stella Julie David dürfte Gerlinde Klotz eine Unbekannte sein. Die Britin und die Schwäbin sind sich nie begegnet. Dennoch sind sie Kontrahentinnen in einer juristischen Auseinandersetzung, die europäische Dimensionen angenommen hat. Die 54-jährige David ist Geschäftsführerin der Whisky-Traditionsmarke Glenfiddich im schottischen Dufftown. Der Gewinn der Distillery nach Steuer betrug im abgelaufenen Finanzjahr 172,6 Millionen Euro.
Die 67-jährige Schwäbin Gerlinde Klotz wiederum ist Geschäftsführerin der Waldhornbrennerei in Berglen-Oppelsbohm (Rems-Murr-Kreis). Ihre Söhne Jürgen und Michael sind im Jahr 2010 in das Geschäft mit dem Single Malt Whisky eingestiegen. Damals kam nach einer Phase längeren Experimentierens der erste Jahrgang in ein 50-Liter-Fass. Nach drei Jahren war dieser reif für den Markt.
Weil der Absatz gut ist, füllt das 115 Jahre alte Familienunternehmen in diesem Jahr zum ersten Mal 200 Liter ihres Glen Buchenbach in Halbeliterflaschen ab. Verkauft werden sie für je 50 Euro auf Wochenmärkten und übers Internet. Bei 400 Flaschen macht das einen Umsatz von 20 000 Euro. Da dürfte die Glenfiddich-Chefin in einem Monat mehr verdienen.
Streit dauert schon drei Jahre
Der Streit zwischen David und Goliath, zwischen der Waldhornbrennerei Klotz GbR und William Grant & Sons Limited, dauert bereits drei Jahre. Er begann harmlos mit einem Anwaltsschreiben aus Schottland und steigerte sich zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Die Schotten stören sich nicht so sehr daran, dass die Schwaben ihrer Traditionsspirituose nacheifern. Sie stören sich vielmehr an den vier Buchstaben Glen, was so viel wie enges Tal oder schmale Schlucht bedeutet – genauso wie die ähnlich klingenden deutschen Begriffe Klamm oder Klinge.
Nun hat die Familie Klotz nicht den Namen „Klamm Buchenbach“ beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen, sondern „Glen Buchenbach“. Die Eintragung rief die Schotten auf den Plan. Sie bestellten eine Flasche über Amazon zur Probe und begannen, Druck aufzubauen: „Glen“ in Verbindung mit Whisky sei typisch schottisch, ließen sie über Anwälte ausrichten. Dem Verbraucher werde vorgegaukelt, einen schottischen Whisky zu kaufen.
Da etwa ein Viertel der Destillerien „Glen“ im Namen haben, klagte stellvertretend die Scotch Whisky Association gegen den Produzenten aus Berglen. Die Whisky-Lobbyisten geben weltweit den Markenwächter. Geld scheint keine Rolle zu spielen.
Mit dem Argument, die Namenswahl der Schwaben sei „ein Versuch, das Ansehen der registrierten geografischen Herkunftsangabe Scotch Whisky auszunutzen“, sind die Schotten vor dem Landgericht Hamburg allerdings in erster Instanz gescheitert. „Wir haben in fast allen Punkten recht bekommen“, stellte Jürgen Klotz nach der Verhandlung zufrieden fest. Für ihn ist keine Frage, dass sein Whisky deutlich als deutsches Produkt zu erkennen sei und der Name einen Bezug zur Brennerei habe. Der Buchenbach werde sicher nicht in den schottischen Highlands vermutet und fließe quasi an der Türe des ehemaligen Wirtshauses vorbei. Die hügelige Landschaft in und um Berglen sei der schottischen sogar etwas ähnlich. Die Alternative „Valley Buchenbach“, die die Scotch Whisky Association vorgeschlagen habe, komme keinesfalls infrage.
Die Hamburger Richter haben wegen der komplizierten Rechtslage in der EU selbst vorgeschlagen, die Namensangelegenheit vor dem EuGH klären zu lassen. So soll es geschehen. Die Richter in Luxemburg sollen nun klären, ob „Glen Buchenbach“ mit der EU-Verordnung „zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen“ vereinbar ist. Die Verordnung schützt beispielsweise „Schwarzwälder Zwetschgenwasser“ vor Nachahmerprodukten.
Der Kornwestheimer Wochenmarkt: Gerlinde Klotz ist wie jede Woche mit ihrem Stand und einigen Flaschen Glen Buchenbach da. Sie ist sichtlich gut gelaunt. Von den Schotten sei das Signal gekommen, sich gütlich einigen zu wollen. Doch die Brennereibesitzerin winkt ab: „Jetzt wollen wir es wirklich wissen.“ Sie spricht von den sieben Schwaben – so viele Familienmitglieder arbeiten im Betrieb mit. Und der Markenfeldzug der Schotten hat dem Schwaben-Clan bisher nicht geschadet. Im Gegenteil: Der Absatz übers Internet läuft besser denn je.
Gerste und Wasser sind seit mehr als 500 Jahren die elementaren Zutaten für den Single Malt Whisky. Die Herstellung ist einfach. Die Gerste lässt man keimen, bis aus der Stärke Malzzucker geworden ist. Anschließend wird das Malz gedarrt und grob gemahlen. Mit heißem Wasser laugt man den Zucker aus und setzt die Flüssigkeit zum Gären an. Es entsteht ein Bier ohne Zusatz von Hopfen.
Das Bier wird zweimal gebrannt. Zur Reifung geht es in Fässer aus Eichenholz, bevor es nach frühestens drei Jahren in die Flasche geht. Hochwertige Single Malt Whiskys reifen mitunter über Jahrzehnte. uro