Von Uwe Roth, Brüssel, 09.01.2001, FTD
Europäisches Parlament – Die Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Wirtschaft und Währung, Christa Randzio-Plath, beklagt das Demokratiedefizit bei der Neuordnung der europäischen Wirtschafts- und Währungspolitik.
Das Europäische Parlament (EP) kämpft um seinen Einfluss auf die europäische Wirtschafts- und Währungspolitik. „Im Prozess von Nizza gab es keinerlei Fortschritte zur Überwindung des demokratischen Defizits. Wir erheben daher den Anspruch an die schwedische Ratspräsidentschaft, das Europaparlament an der Neuorientierung dieser Politikbereiche zu beteiligen“, forderte gestern in Brüssel die Ausschussvorsitzende für Wirtschaft und Währung, die SPD-Europaabgeordnete Christa Randzio-Plath.
Bei der Reform der EU-Finanzmärkte muss das EP ebenfalls seine Interessen verteidigen. Die von den EU-Finanzministern eingesetzte Fachgruppe unter Vorsitz des Expräsidenten des Europäischen Währungsinstituts, Alexandre Lamfalussy, ließe die notwendigen rechtlichen Änderungen bevorzugt nach dem so genannten Komitologieverfahren vornehmen.
Danach legen nationale Finanzexperten neue Regelungen außerhalb eines EU-üblichen Gesetzgebungsverfahrens fest. Das spare viel Zeit, sagt Lamfalussy. Eine Umgehung des Europaparlaments hält Randzio-Plath für vertragswidrig. Sie plädiert für eine Neuordnung der Finanzmärkte über EU-Verordnungen.
Das EP wäre gemeinsam mit den EU-Staaten Gesetzgeber. Die langjährige Umsetzungsphase in die nationale Gesetzgebung entfiele jedoch. Eine Verordnung hat unmittelbare Rechtskraft. Ihr Vorschlag missfällt den EU-Finanzministern. Wenn schon nicht die nationalen Experten zum Zuge kommen können, auf die eine Regierung Einfluss nehmen kann, so wollen sie doch bei der Umsetzung der EU-Richtlinie noch etwas juristisch mit gestalten können.
Die Ausschussvorsitzende erwartet für dieses Jahr Auseinandersetzungen auch mit EZB-Präsident Wim Duisenberg. Seine Rechenschaftsberichte an das Europaparlament sind ihr zu beliebig. Die abgegebenen Inflationsprognosen ließen keine Schlussfolgerungen zu. Randzio-Plath erhob erneut die Forderung nach Einsicht in die Protokolle des EZB-Direktoriums.