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ZVW Uwe Roth 24.07.2017

Jahn macht für den Fassadenbauer Riva Pläne für ein Grundstück an der Murr

Backnang. Der deutsch-amerikanische Stararchitekt Helmut Jahn ist am Samstag in Backnang gewesen. Für die Immobilientochter der Riva-Gruppe soll der 77-Jährige einen Masterplan unter anderem für das ehemalige Kaelble-Areal entwickeln. Viel Zeit für ein erstes Gespräch hatte er allerdings nicht. Am späten Nachmittag flog der weltbekannte Planer nach Chicago zurück, wo sein Büro den Hauptsitz hat.

Es könnte ein Staatspräsident sein, der um zehn Uhr auf dem weitläufigen Firmengelände neben der B 14 erwartet wird. Ein Blasmusikorchester steht bereit und beginnt mit der Europahymne, als eine schwarze Limousine auf den Hof fährt. Etwa ein Dutzend Riva-Mitarbeiter stehen zur Begrüßung in Reih’ und Glied bereit. Aus dem Fond steigt der Stararchitekt. Helmut Jahr ist ein eher zierlicher Mensch, grauer modischer Anzug, weißes Hemd, grauer Gürtel, graue Schuhe, Brille mit gelber Fassung und die große Uhr mit pinkfarbenem Armband. Grau ist der Dreitagebart. Im noch vollen, zurückgekämmten Haar des 77-Jährigen fehlt die Farbe Grau hingegen völlig. Sie ist stattdessen ein leicht rötliches Braun. Das Erscheinungsbild – Künstler eben.

Die Garderobe des Riva-Chefs Hermann Püttmer ist ebenfalls nicht nullachtfünfzehn – schwarze Hose, schwarzes Stehkragenhemd und sein Markenzeichen, die schwarze, zu jedem Anlass getragene Mütze.

Jahn übernimmt Stadtplaner-Aufgabe

Gleich alt sind die Männer, die sich vor 20 Jahren kennengelernt haben. Jahn entwarf damals das Sony-Center auf dem Potsdamer Platz. Püttmer realisierte die aufwendige Fassadenkonstruktion. Immer mal wieder gab es gemeinsame Projekte. Aktuell arbeiten beide an der Planung für ein 100 Meter hohes Wohngebäude in Frankfurt. Sie seien alte Freunde, wird aus den Reihen der Firmenmitarbeiter begründet, warum Jahn dem Ruf Püttmers nach Backnang gefolgt ist. Jahn ist eigentlich auf Hochhäuser spezialisiert und plante jüngst den 244 Meter hohen Aufzugstestturm in Rottweil.

In Backnang ist seine Aufgabe mehr stadtplanerischer Natur. Vor einem Jahr hat Püttmer an der Murr ein Areal von sechs Hektar gekauft. Teils ist es unbebaut, teils stehen alte Gebäude leer, manche haben Mieter. Es sind größere Firmen, aber auch einige Start-ups. Der neue Investor fühlt sich von der Stadt bislang wenig willkommen geheißen. Nun soll Jahn gute Ideen liefern und sein guter Name die Pläne schmücken. Der Altmeister im Überzeugen von Bauherren und Genehmigungsbehörden sagt: „Was wir am Ende beweisen müssen, ist, dass die Stadt spürt, sie hat etwas gewonnen. Das muss nicht viel Geld kosten.“

Jahn ist mal beim Du, mal beim Sie

Der Architekt kommt an diesem Samstagmorgen aus München. Seit Anfang Juli war Jahn weltweit unterwegs. Ein paar Stunden hat er Zeit, sich das Projekt erläutern zu lassen. Dann will er zum Frankfurter Flughafen, wo um 17 Uhr sein Flieger in die USA geht. So hält man sich nicht mit langen Begrüßungsreden auf. Trotz aller Freundschaft, Püttmer siezt seinen Gast, während es bei Jahn durcheinandergeht. Bereits vor 50 Jahren ging der Architekt in die USA. Sein Deutsch hat eine amerikanische Einfärbung und ist immer noch stark von seiner Heimat Zirndorf bei Nürnberg geprägt. Deutsch-American-Fränkisch.

Jahn lässt sich anhand eines Modells das Vorhaben erläutern. Er zeigt auf eine Schlangenlinie und fragt, wie der Fluss heißt. Dieser heiße Murr und sei eher ein Bach, sagt man ihm. Er lässt sich seinen berühmten Skizzenblock aus der Tasche geben. Gelblich, 21 mal 21 Zentimeter groß, Jahn in Großbuchstaben steht am unteren Blattrand. Es ist gleichsam das Echtheitszertifikat. Einige solcher Blätter sind in Ausstellungen gelandet. Jahn macht sich Notizen. Murr, schreibt er auf, Em, ju, ar, ar, murmelt er vor sich hin. Was ihm wichtig und nicht in Worten zu fassen ist, wird mit dem iPad als Foto festgehalten. Es ist ständig im Einsatz.

Helmut Jahn hat sein eigenes Tempo

Der Stararchitekt hat sein eigenes Tempo. Er spricht langsam und leise. Jeder konzentriert sich auf ihn. Beim Gang durchs Werk ist er neugierig, lässt sich alles zeigen und erklären. Die Zeit drängt. Vor Frankfurt soll es noch eine Besichtigung des Planungsgeländes geben. Das Modell von der Stadt wird ihm nach Chicago nachgeschickt.

Seine Mitarbeiter sollen sich ebenfalls Gedanken machen, was man so alles aus Backnang machen kann.

Siehe auch:

 

http://journalistroth.eu/mailaender-platz-stuttgart-hotelturm-mit-gruener-fassade/