Foto: Stadtwerke Bietigheim-Bissingen

Stadtwerke Bietigheim-Bissingen: Mehr als ein Stromversorger

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Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 29.04.2017

Die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) feiern in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Bis 1977 war die Versorgung direkt in der städtischen Verwaltung untergebracht. Von Uwe Roth

Vor 40 Jahren ist aus den Stadtwerken Bietigheim-Bissingen ein eigenständiges Unternehmen geworden. Aus dem Versorger wurde zudem ein Dienstleister, der sich auch ums schnelle Internet kümmert.

Rainer Kübler ist seit 1999 Geschäftsführer der Stadtwerke (SWBB). Fragt man ihn nach der aktuellen Geschäftsentwicklung, fallen bei ihm regelmäßig die Worte „wirtschaftliche Vernunft“ oder „maßvoll und vorsichtig“, wenn es sich um mögliche Investitionen in neue Projekte handelt. Was am Ende sinnvoll ist, lässt sich zum Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung oftmals schlecht abschätzen – angesichts eines Energiemarkts, der sich durch viele Faktoren in einer ständigen Veränderung befindet.

„Langfristige Planungen sind kaum noch möglich“

Öl- und Gaspreise gehen wegen weltpolitischer Ereignisse rauf und runter, Solar- und Windstrom drücken die Preise an der Börse – je nach Wetterlage und steuerlicher Förderung. Dazu kommen sich ändernde Vorgaben der EU sowie der Bundes- und Landesregierung. „Langfristige Planungen sind kaum noch möglich“, sagt Kübler. Manchmal sind der Geschäftsführer wie auch seine Kollegen anderer kommunaler Energieversorger gezwungen, auf Sicht zu fahren. Zum Beispiel wenn wieder einmal das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aktualisiert wird.

Die Liberalisierung des Energiemarkts durch die EU Ende der 1990er, das EEG im Jahr 2000, die Trennung von Netz und Vertrieb seit 2007 und der Beschluss zum Atomausstieg 2011 haben die kommunalen Versorger anfänglich gehörig in Bedrängnis gebracht, bestätigt Kübler. „Branchenriesen wie RWE haben die Preise verhunzt, weil sie Strom außerhalb ihres Netzgebiets billiger angeboten haben als ihren Bestandskunden.“ Kübler, der aus der freien Wirtschaft zu den Stadtwerken kam, hatte mit der Liberalisierung von Anfang an kein Problem, wie er sagt. Im Gegenteil, ihn hat die Monopolstellung gestört. Vielleicht war er deswegen neuen Wegen aufgeschlossener als so mancher Kollege, der den alten Alleinanbieterzeiten hinterhertrauerte.

Mehr Strom als verbraucht wird

Die Zeiten des Umbruchs haben die SWBB denn auch gut überstanden: Zwischen 1999 und 2006 stiegen die Umsatzerlöse aus dem Stromverkauf um rund 7 Millionen auf 27,8 Millionen Euro. Auch wenn die Zahl der auswärtigen Kunden zurückgegangen ist, verkaufen die Stadtwerke weiterhin mehr Strom als im eigenen Netz verbraucht wird.

Lange sind die Zeiten vorbei, als mit dem Vorlieferanten ein Vertrag über 20 Jahre abgeschlossen und der Strompreis für den Kunden alle zwei bis drei Jahre angepasst wurde. Die Jüngeren wissen nicht mehr, dass bis 1977 der Versorger ein Teil der städtischen Verwaltung war. Unauffällig wie das Tiefbauamt. Vor 40 Jahren wurde daraus eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen GmbH. Die Bietigheimer Wohnbau hat damals den Anlass zum Schritt aus der Amtsstube in die Selbständigkeit gegeben.

Stadtwerke wuchsen weitgehend mit der Zunahme der Bevölkerung

Sie baute damals im noch jungen Stadtteil Buch ein zentrales Heizwerk. Doch finanziell gab es mit dem Projekt einen Engpass. So übernahmen die Stadtwerke die Fernwärme und das Investitionsrisiko, das über eine GmbH besser abzusichern war. Ansonsten waren damals die Risiken für einen Versorger überschaubar. Dessen Kunden konnten ja nicht wechseln. Im Gründungsjahr hatten die Stadtwerke eine Bilanzsumme von knapp 20 Millionen Euro. 1999 lag sie zu Beginn der Marktöffnung bei rund 44 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter stieg in dieser Zeit um etwa 20 auf 64. Die Stadtwerke wuchsen weitgehend mit der Zunahme der Bevölkerung.

Heute haben die Stadtwerke 210 Beschäftigte, darunter neun Auszubildende. Zusammen erwirtschaften sie eine Bilanzsumme von 146 Millionen Euro. Die SWBB sind inzwischen fürs Abwasser zuständig, halten zahlreiche Beteiligungen – unter anderem an einem Windpark – und produzieren selbst Strom aus Biomasse, Wasserkraft und Sonnenenergie. Und weil die Strompreise schwer in den Griff zu bekommen sind, ist Geschäftsführer Kübler ständig auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern, „maßvoll und vorsichtig“. Eines sieht er im Ausbau der Breitbandversorgung in den Gewerbegebieten. Dort warten viele Firmen aufs schnelle Internet. Im Legen von Leitungen haben die SWBB jedenfalls große Erfahrung.