Südwest Presse, Autor: UWE ROTH, 30.06.2016
STUTTGART: Der Preis fürs Umweltticket bleibt. Alle anderen Fahrscheine im ÖPNV werden nach dem Willen der SSB im kommenden Jahr um 1,9 Prozent teurer.
Es ist für OB Fritz Kuhn eine jährlich wiederkehrende Aufgabe, die nicht seine angenehmste ist: Er muss bekannt geben, dass eine erneute Verteuerung der Fahrscheine im VVS-Gebiet aus städtischer Sicht notwendig ist. Gleichzeitig wünscht sich der Grünen-Politiker mehr Bürger, die auf Bahn und Busse umsteigen.
Die 20 Mitglieder im Aufsichtsrat der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG, dessen Vorsitzender Kuhn ist, haben am Dienstag mit zwei Gegenstimmen einer Anhebung zugestimmt, die nach Meinung Kuhns „sehr moderat“ ausfällt. Die 1,9 Prozent seien „ein historisches Tief“ und daher „absolut angemessen“. Bisher stiegen die Preise
jährlich zwischen 2,5 und 3,5 Prozent. Die kaufmännische SSB-Vorständin Stefanie Haaks rechnete vor, dass eine Anhebung von 2,6 Prozent notwendig wäre, um bei der SSB die Kostensteigerung auszugleichen. Besser wären sogar 3,9 Prozent, sagte sie gestern, betonte aber: „Das ist nicht marktverträglich und nicht umsetzbar.“
So muss die SSB 2017 knapp ein Prozent mehr Fahrscheine verkaufen, um das Defizit von im Schnitt 25 Millionen Euro jährlich, das die Stadt ausgleichen muss, nicht weiter zu vergrößern. Haaks zeigte sich optimistisch: „Wir halten das für erreichbar.“
Die SSB will mit neuen Angeboten mehr Umsatz machen. Von September an gibt es ein Azubi-Monatsticket für 59 Euro. Auf manchen Linien, wie der U 19 und U 13, fahren von Herbst an die Bahnen zudem in kürzeren Taktzeiten. Im Sommer 2017 wird das Europaviertel an die Stadtbahn angeschlossen, und vom Hallschlag führt
eine Linie ins Neckartal. Die U 12 bekommt 80-Meter-Züge. Insgesamt sollen ab Dezember zu den 184 Stadtbahnen 20 hinzukommen. Geprüft wird auch die Einführung eines Busshuttles zwischen Wasen und City, das ab 2018 etwa an Feinstaub-Alarm-Tagen verkehren könnte.
Der SSB-Vorstand betonte aber, dass sich allein mit wachsenden Fahrgastzahlen eine drohende Verdoppelung des Defizits auf 50 Millionen Euro jährlich nicht verhindern lassen werde. Kuhn zeigte sich jedoch überzeugt, dass „in den nächsten Jahren eine Lösung gefunden wird“. Die kaufmännische Vorständin gab sich ebenfalls unaufgeregt. In anderen Städten sei der ÖPNV bereits heute in so tiefroten Zahlen wie sie Stuttgart in frühestens
fünf bis sieben Jahren drohten. So oder so: Am Ende gehe es nicht ohne Zuschüsse von Land und Bund.