Die Sicherheitsbranche hat nicht unbedingt den besten Ruf. Sebastian Maar könnte das ändern. Ihn kann man sich als Botschafter seines Berufsstands vorstellen, der in Veranstaltungen Überzeugungsarbeit leistet, obwohl er erst am Anfang seiner Karriere steht. Wenn er voller Begeisterung über seine Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit berichtet, ist man am Ende überzeugt, dass er den für sich spannendsten Beruf der Welt gewählt hat.
Und man hat nach dem Gespräch verstanden, dass dieser Beruf eine Menge Sachverstand abverlangt und nicht nur eine Eselsgeduld, wenn man nächtelang Wache an einem Werkstor schiebt. „Schutz und Sicherheit umfassen so viele Dinge, das glaubt man gar nicht“, kürzt er die Aufzählung der wichtigsten Themen seiner Ausbildung ab. Auszubildende betrachten die Berufsschule oftmals als notwendiges Übel. Nicht so Sebastian Maar.
Der berufsbezogene Unterricht in der Max-Eyth-Schule am Rotebühlplatz in Stuttgart war für ihn total spannend, betont er. „Was ich über Sicherheitstechnik erfahren habe, fand ich hochinteressant. Manches war schon fast Science Fiction.“ Vieles davon habe er in seinem Ausbildungsbetrieb unmittelbar praktisch umsetzen können. Seine Zufriedenheit ist zugleich ein Loblied auf die duale Ausbildung.
Begeisterung für den Beruf trieb ihn zu schulischen Höchstleistungen
Seine Begeisterung hat ihn zu schulischen Höchstleistungen angetrieben. Im Abschlusszeugnis der Berufsschule erreichte der 25-Jährige 99 von 100 Punkten. Mit dieser Note wurde er bereits auf Landesebene ausgezeichnet. Nun folgt an diesem Montag in Berlin die nationale Bestenehrung durch den Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHK), von dem der Backnanger eine Urkunde und einen Pokal überreicht bekommt. Bundesministerin Manuela Schwesig (SPD) hält die Festrede.
Insgesamt 219 Bundesbeste, davon vier aus der Region Stuttgart, werden auf der Bühne stehen und von den Arbeitgebern als Hoffnungsträger bezeichnet. Über junge Menschen, die sich während einer Ausbildung schwertun und kaum motivieren lassen, wird ansonsten mehr berichtet. Da ist diese Veranstaltung Balsam auf der Seele der Ausbilder.
Dabei benötigte Sebastian Maar ein paar Jahre, um seinen Traumberuf über Umwege zu finden. Nach der Mittleren Reife besuchte er in Backnang die Anna-Haag-Schule, um im Bereich Gesundheit und Pflege die Fachhochschulreife zu erhalten. Damit ging er als Sanitäter für zwei Jahre zur Bundeswehr. Dauerhaft, wie er vorhatte, kam er dort allerdings nicht unter. Anschließend sattelte er komplett um und begann ein Studium der Medieninformatik.
15 Beschäftigte hat er unter sich
Nach zwei Semestern brach er das jedoch ab, weil er merkte, „es war nicht wirklich das, was ich die nächsten 40 Jahre machen will.“
Sicherheit sei ihm schon als Kind irgendwie wichtig gewesen, erinnert er sich. An Fasching war er gerne Polizist. Auch bei der Bundeswehr hat ihn das Wacheschieben nicht genervt wie viele seiner Kameraden. „Mit der Idee, zur Polizei zu gehen, habe ich auch gespielt. Doch als Sportmuffel hatte ich da nicht so die Chancen“, gibt er zu.
Wie es scheint, hat er nun den abwechslungsreicheren Job gewählt. Maar ist bei der Firma WSD Security in Winterbach bereits Objektleiter Werkschutz. 15 Beschäftigte hat er unter sich. Die meisten dürften älter als er sein. Gemeinsam betreuen sie einen Industriebetrieb – rund um die Uhr und an allen Tagen. Gemeinsam heißt für ihn gemeinsam.
Maar sieht sich vor allem als Berater für Sicherheitskonzepte
Der junge Teamchef schreibt nicht nur Dienstpläne und Dienstanweisungen, sondern übernimmt auch selbst Dienste, egal ob tagsüber oder nachts. Ohne die Einsätze draußen, wäre er wahrscheinlich im Innendienst weniger zufrieden. Langeweile kenne er nicht, auch nicht in den stillsten Nächten. „Grundsätzlich muss ich davon ausgehen, dass immer etwas passieren kann“, erklärt er, warum Unaufmerksamkeit für ihn keine Option ist.
Bei aller Zufriedenheit, etwas Grundlegendes stört ihn dann doch: die Bezahlung. 15 Euro die Stunde sind es für eine Fachkraft wie ihn. 9,74 Euro bekommen die einfachen Wachleute. Maar gibt nicht seinem Arbeitgeber die Schuld, sondern der mangelnden Bereitschaft von Auftraggebern, die Dienstleistungen angemessen zu bezahlen. „Sicherheit wird von den Firmen als reiner Kostenfaktor betrachtet. Doch Prävention kann man nicht allein an Zahlen bemessen“, sagt er. Auf Fremdes aufzupassen, sei nur ein Teil des Geschäfts. Maar sieht sich vor allem als Berater für Sicherheitskonzepte.
Sebastian Maar ist mit vollem Einsatz dabei – so viel ist klar. Manchmal wird es Rizziero Rizzo, der für seine Ausbildung zuständig war, zu viel: „Ich habe ihm gesagt, er solle mal einen Gang zurückschalten und sich mehr um sein Privatleben kümmern, vielleicht auch über eine Familie nachdenken. Er hat geantwortet: Dafür habe ich keine Zeit.“ Die Fachkraft für Schutz und Sicherheit hat beschlossen, vorerst Single zu bleiben.
Daten & Fakten
Baden-Württemberg stellt in diesem Jahr 34 der insgesamt 219 Bundesbesten. Bereits zum 11. Mal würdigt die IHK-Organisation die erfolgreichsten Azubis Deutschlands in kaufmännischen und gewerblich-technischen Berufen mit einer Urkunde und einem Pokal. Die Azubis haben ihre Prüfung mit „sehr gut“ bestanden und sind damit die besten Absolventen unter mehr als 300 000 Prüfungsteilnehmern in den Winterprüfungen 2015/2016 und den Sommerprüfungen 2016.
Die Firma WSD Security GmbH wurde 1908 in Ludwigsburg gegründet. Seit Kurzem ist die Zentrale in Winterbach. Das Unternehmen hat an sieben Standorten in Baden-Württemberg und einem in Memmingen (Bayern) 900 Beschäftigte, 100 davon arbeiten in der Verwaltung. Neben Dienstleistungen bei den Kunden vor Ort, gibt es im Haus eine Notruf- und Serviceleitstelle. Von dort werden etwa 200 Objekte überwacht – von der Alarmanlage eines Einfamilienhauses, Aufzügen bis hin zu Tiefkühlanlagen, die bei einem Defekt Alarm geben.