Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 18.12.2017
Kaltmieten von weniger als acht Euro pro Quadratmeter in einer renovierten Wohnung – das gibt es im Landkreis Ludwigsburg. Man braucht aber Glück.
Weil günstige Mietwohnungen fehlen, erhöhen die Städte den Druck auf die Immobilienunternehmen. Sie sollen beim Bauen und bei der Vermarktung ihrer Objekte nicht nur Gutverdiener im Visier haben, sondern auch Wohnungssuchende mit kleinem Einkommen. Wer in den großen Onlineportalen forscht, wird merken, dass unter zehn Euro Kaltmiete je Quadratmeter allerdings kaum etwas zu bekommen ist.
Professionelle Vermieter, die mit ihrem Mietzins deutlich unter dieser Grenze bleiben, werden ungläubig gefragt, ob das seriös überhaupt möglich sei. Die Landesbaugenossenschaft Württemberg (LBG) mit Sitz in Stuttgart, die Objekte im Landkreis hat, schaffte es mit der Nachricht sogar ins Fernsehen, einer alleinerziehenden und von Obdachlosigkeit bedrohten Frau eine Vierzimmerwohnung für 7,50 Euro Kaltmiete je Quadratmeter in Stuttgart vermittelt zu haben.
„Wir betrachten unsere Wohnungen als Sozialgut und nicht nur als Wirtschaftsgut“
Josef Vogel ist der Geschäftsführer der LBG und sagt, Kaltmieten ab 6,60 Euro je Quadratmeter sind auch in der Region Stuttgart möglich. Zu diesem Preis bietet die Genossenschaft aktuell eine Dreizimmerwohnung (65 Quadratmeter) mit Balkon im Gröninger Weg in Bietigheim-Bissingen an. Selbst in Neubauten bleiben die Mieten nach seiner Aussage unter elf Euro. Die Bedingungen des Vermieters sind einfach zu erfüllen. Sie müssen Genossenschaftsmitglied werden und eine Anlage in Höhe von 800 Euro erwerben. Dafür zahlen sie keine Kaution, und die Anlage wird verzinst. Der LBG-Geschäftsführer erklärt die günstigen Konditionen so: „Wir betrachten unsere Wohnungen als Sozialgut und nicht nur als Wirtschaftsgut.“ Die Genossenschaft „denkt in Generationen statt in Quartalen“ und wolle ihren Mitgliedern „gutes, bezahlbares und lebenslanges Wohnen bieten“.
Genossenschaft hat 5500 Wohnungen im Bestand
Der Erlös aus der Vermietung von 5500 Wohnungen muss reichen, um die Verzinsung der Anlagen von über 6000 Genossenschaftsmitgliedern zu finanzieren sowie den Erhalt und Neubau von Gebäuden. Und am Ende soll noch Geld für die Gehälter der Genossenschaftsangestellten übrig bleiben. Hilfreich sei, dass die Genossenschaft lediglich „die schwarze Null“ anstrebe, also keine Gewinne, wie private Unternehmen. Bei einem neuen Grundstück werden die Investitionen mit einem geringen Renditesatz erst in einem Zeitraum von 50 Jahren und länger zurückerwartet. Je länger dieser Zeitraum sei, desto günstiger werde die Miete. Er sei gelernter Banker, was in seinem Betätigungsfeld ein Vorteil sei. Ausschlaggebend sei jedoch, dass die Genossenschaft günstige Grundstücke im Bestand habe oder von einer Kommune zu Verkauf angeboten bekomme, um günstigen Wohnraum zu schaffen.
Die Bietigheimer Wohnbau bietet auf ihrer Internetseite derzeit in der Dresdner Straße in Bietigheim ebenfalls eine Dreizimmerwohnung an. Für 87 Quadratmeter werden 750 Euro verlangt, das entspricht einer Kaltmiete von 8,62 Euro je Quadratmeter. Geschäftsführer Carsten Schüler sagt, bei der BW seien in Bestandsbauten Mieten ab 4,86 Euro je Quadratmeter möglich. Im günstigsten Fall, der so aber kaum realistisch sei, liege die Miete in einem Neubau bei mindestens sieben Euro.
Investoren bemühen sich um günstige Angebote – mit unterschiedlichem Erfolg
Die Stadt Ludwigsburg hat ihre kommunale Tochter Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL) mit Niedrigpreisen in den Markt geschickt. Laut Geschäftsführer Andreas Veit beträgt die Durchschnittsmiete von über 2300 Mietwohnungen im Bestand der WBL trotz energetisch modernisierter Objekte und vieler Neubauten gerade einmal 6,80 Euro je Quadratmeter; bei geförderten Wohnungen lediglich bei 5,98 Euro. Die günstigste Kaltmiete für eine nicht geförderte Mietwohnung liegt bei der WBL nach seinen Angaben bei 5,64 Euro.
Die Firma Strenger ist in Ludwigsburger der private Gegenspieler. Geschäftsführer Karl Strenger sagt: „Wenn man in den Regionen Stuttgart und Ludwigsburg Neubauwohnungen im preisgedämpften Segment baut, beträgt die Kaltmiete circa neu bis zehn Euro je Quadratmeter.“ Für Wohnungssuchende mit kleinem Geldbeutel ist das ein geringer Hoffnungsschimmer. In den Onlineportalen tauchen solche Angebote erst gar nicht oder nur für sehr kurze Zeit auf.