Konservator Felix Muhlen hält eine Skulptur, die Greifen genannt wird. Sie gehören zum Residenzschloss Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth

Schloss Ludwigsburg: Verborgene Skizzen des Hofarchitekten

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Südwest Presse, Uwe Roth, 21.11.2018

Einige Prachträume im nördlichen Teil des Ludwigsburger Residenzschlosses sind derzeit ungewohnt unaufgeräumt. Möbel fehlen. Wände sind kahl, manche sogar ohne Putz. Auch Backsteine sind sichtbar. Der Grund: Noch bis März 2020 wird das Neue Corps de Logis, Privaträume des Königs, restauriert.

Es ist wohl die erste gründliche Renovierung nach über 200 Jahren. Das große Möbelrücken bringt nicht nur Staub, sondern auch Überraschungen zum Vorschein, die im jetzigen Zustand vor allem Restauratoren begeistern.

Unscheinbares Brett

Am jüngsten Fund im Audienzzimmer des Königs, über den die Schlossverwaltung am Dienstag die Medien informierte, gehen Schlossbesucher achtlos vorbei: Auf einem schmalen, in der Wand verankerten Holzbrett sind kaum erkennbare Bleistiftzeichnungen zu sehen.

Oberkonservatorin Patricia Peschel und Restaurator Felix Muhle identifizierten die Skizzen nach näherer Betrachtung als schnelle Entwürfe zweier repräsentativer Beistelltische. Die beiden Experten sind vor allem aber begeistert, weil wohl Nikolaus Friedrich von Thouret diese Zeichnungen angefertigt hat. Der geborene Ludwigsburger war ein berühmter Architekt und Maler seiner Zeit, der nach 1800 an der Innengestaltung des Neuen Schlosses in Stuttgart beteiligt war und dafür die Entwürfe machte. Handwerker hatten damals das Brett nicht weggeworfen, sondern es offenbar in Ludwigsburg weiterverwendet, um einen prachtvollen Konsoltisch an der Wand zu befestigen.

Greifen tragen die Tischplatte

Wegen der Renovierung ist der Tisch entfernt worden. So kamen die Skizzen nach über zwei Jahrhunderten zum Vorschein. Die schweren Wandtische mussten gereinigt werden, berichtet Restauratorin Liliane Keller, die diese Aufgabe übernommen hat. Es ist eine Großreinigung mit Wattestäbchen und etwas Benzin geworden. Damit hat sie in Kleinarbeit die Platten von der Schmutzschicht befreit. Während die hintere Tischkante an der Wand befestigt war, wurde die vordere von drei Figuren, sogenannten Greifen, getragen. Es sind Fabeltiere, eine Kreuzung von Greifvogel und Löwe. Ihre schwarze Oberfläche ist so sensibel, dass selbst Wattestäbchen Schaden angerichtet hätten, sagt Kurator Muhle. Die Figuren wurden mit Lasertechnik berührungsfrei soweit wie nötig von der Patina befreit.