ZVW Uwe Roth 03.03.2015
Den ADAC muss man wahrlich nicht mögen. Aber zumindest konnte man am Automobilclub bislang eines wertschätzen: seine solide politische Verlässlichkeit. Sie orientierte sich Jahrzehnte konsequent an der Maxime „Freie Fahrt für freie Bürger“. So unverblümt offen wie in den 70er Jahren sagt das zwar längst kein ADAC-Funktionär mehr. Aber jede politische Stellungnahme aus der Münchner Zentrale läuft bis heute letztendlich auf diesen Hintergedanken hinaus: Tempolimit ist doof, Spritsteuer ist doof, Maut ist doof, Baumalleen sind doof, genauso wie Straßendemos, Radfahrer sind (meistens) doof, vierspurige Autobahnen sind sowieso doof, weil es müssten mindestens acht Spuren sein.
Damit war in der Vergangenheit beständig klar, dass der ADAC alle politischen Parteien nicht doof findet, die das alles doof finden wie er, also wie der ADAC. Und in der Konsequenz findet der größte Verein Deutschlands die Grünen grunddoof. Spätestens seit der Liter Benzin nach deren Auffassung fünf Mark kosten sollte. Das doof zu finden, ist nur konsequent vom ADAC. Und man hat sich daran ebenso gewöhnt wie an die schleichende Kommerzialisierung der ADAC-Dienste unter dem guten alten deutschen Vereinsrecht.
Das alles aber gilt nicht mehr. Die gelben Engel sind vom Glauben abgekehrt. Das oben Beschriebene ist Vergangenheit. Denn: Der ADAC hat den grünen Verkehrsminister des Landes gelobt, also ihn offiziell für nicht doof erklärt. Stattdessen sei die CDU in der Vorgängerregierung doof gewesen, weil sie ständig mit dem Bau neuer Straßen begonnen habe, die recht kurz ausfielen, da recht bald das Geld weg war. Grünen-Minister Winfried Hermann dagegen stecke das Geld lieber in die Straßensanierung, was nicht doof sei.
Aber gut, das alles hat der ADAC-Chef von Baden-Württemberg gesagt. Aber er hat ganz sicher die großen Bosse in München zuvor gefragt, ob er die Grünen über den denselbigen Klee loben darf. Das ist ungefähr von der Gewichtigkeit, wie wenn ein deutscher Kardinal die Befreiung der „Pille danach“ von der Rezeptpflicht loben würde. Und das mit dem Segen des Papsts.
Da steht, nebenbei gesagt, ein Jochen Haußmann aus Stetten jetzt nicht minder blöd da. Der FDP-Verkehrssprecher im Land gefiel sich darin, den ADAC noch rechts zu überholen. Von wegen freie Fahrt auf freien neuen Straßen. Haußmann braucht nun eine neue Bibel.
Was ist bitte noch verlässlich? Dass die Parteien eine eigenständige Politik machen? Lokführer tatsächlich streiken? Pegida Montagsdemos veranstaltet? Und zu guter Letzt der ADAC. Der will sich nicht länger um die freien Bürger sorgen, sondern um die Mobilität als solche, also auch um den ICE-Fahrgast. Wohin das wohl noch führen wird? Gelber Engel, sag’s uns.