SWP Uwe Roth 07.03.2017
Die Planer des Regierungspräsidiums Stuttgart müssen eine Investitionssumme von drei Milliarden Euro abarbeiten. Dabei fehlt es am Personal.
Wenn bloß jedes Bauprojekt so überschaubar wäre: Seit Montag wird auf der A 8 im Bereich der Tank- und Rastanlage Denkendorf (Landkreis Esslingen) die Fahrbahn in Richtung München auf einer Länge von etwa 500 Metern komplett erneuert. Mit Staus wird gerechnet. Aber in vier Wochen sollen die Bauarbeiten bereits abgeschlossen sein. Nach Angaben des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart investiert der Bund 1,2 Millionen Euro. Die vergleichsweise geringe Summe zeigt, der Projektstau im RP wird damit kaum kleiner.
Nur 20 Vollzeitkräfte
Jürgen Holzwarth ist Leiter des Referats 44 – Straßenplanung und zuständig für die Entwurfs- und Genehmigungsplanungen von Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen. „Drei Milliarden Euro Investitionssumme“, sagt er und seufzt. Er will mit dieser gewaltigen Summe verdeutlichen, mit welcher Arbeitsbelastung er und sein Team zu kämpfen haben. Dieses bestehe aktuell lediglich aus umgerechnet 20 Vollzeitkräften. Es seien viel zu wenig Mitarbeiter, um vorgegebene Zeitpläne einhalten zu können, gibt er zu bedenken. In der Region stehen beispielsweise der Ausbau der A 81 zwischen Sindelfingen und Böblingen an oder auch der des Autobahnkreuzes Stuttgart. „Da steckt Musik drin“, sagt Holzwarth und meint, jahrelange Arbeiten auf solchen stark befahrenen Streckenabschnitten seien eine besondere Herausforderung für jeden Planer.
Regelmäßige Vorwürfe von Politikern und Bürgern, in seiner Abteilung gehe es anscheinend im Schneckentempo voran, ärgern den Beamten. Zumal wenn diese mit Hinweisen verbunden seien, Geld für den Straßenbau sei doch genügend vorhanden, das RP müsse nur zugreifen. Fällt das Argument, nicht abgerufene Fördermittel könnten verfallen, droht der planenden Behörde Ärger von ganz oben.
Bundestagsabgeordneter verspricht Geld
Erst jüngst musste sich Holzwarth in einer Veranstaltung in Asperg (Landkreis Ludwigsburg) von einem Bundestagsabgeordneten anhören, er brauche bei den Planungen bloß Gas zu geben, die Finanzierung sei letztlich nicht das Problem. Konkret geht es um den achtspurigen Ausbau der A 81 zwischen Feuerbach und Pleidelsheim. Dieser gehört nicht zu den vordringlichen Projekten, die in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen wurden und deren Finanzierung damit sichergestellt worden ist. Steffen Bilger (CDU) vom Wahlkreis Ludwigsburg ist dennoch überzeugt, dass die Millionen aus Berlin zielsicher am Ende des Genehmigungsverfahrens kommen werden, weil im Bundesverkehrsministerium immer Fördermittel liegen blieben. Zudem habe man dem Regierungspräsidium zusätzliche Personalstellen genehmigt. Wo also liegt das Problem?
Die Zuhörer freute die Ankündigung des Bundespolitikers. Die Autobahn ist täglich überlastet und bringt Schleichverkehr in die anliegenden Orte. Zum Verkehrslärm von der nahen Autobahn kommen die Staus in den Ortsdurchfahrten. „Die Bewohner leiden unter dieser zusätzlichen Belastung“, betonten Vertreter einer Aktionsgemeinschaft (AG). Sie kämpft seit 2009 bislang vergeblich für einen Ausbau sowie Lärmschutz und hat diese Protestveranstaltung organisiert. Von zusätzlichen Spuren auf der Autobahn erhoffen sie sich weniger Krach und ein Ende der Stauprobleme. Im Wahljahr will die AG nach acht Jahren Stillstand bis zur Bundestagswahl politischen Druck aufbauen, um ein verbindliches Zieldatum genannt zu bekommen.
Stellenplan noch nicht realisiert
Holzwarth fürchtet solche Wahlkampfversprechen. Für ihn ist mit der Genehmigung von zusätzlich 14 Stellen das Problem nicht gelöst. Er muss geeignetes Personal erst einmal finden. „Der Markt für Ingenieure ist wie leergefegt“, hat er festgestellt. Stellenanzeigen aufzugeben, bringe in der Regel keine einzige Bewerbung. Eine Entlohnung nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes wirke im Vergleich zu den Gehältern, die private Baufirmen zahlten, wenig attraktiv. Etwas entschärft habe sich die Personalsituation in seiner Abteilung mit der Umwandlung von Zeitverträgen in eine unbefristete Beschäftigung und der Einstellung von drei Landschaftsplanern.
Der Stellenplan sei damit aber noch lange nicht umgesetzt. Zudem sei bislang unberücksichtigt geblieben, dass Bürgerbeteiligung Personalressourcen kostet. Von der Politik werde erwartet, dass die Planer diese Aufgabe mit großem Ernst wahrnehmen. In Holzwarths Terminkalender stehen zahlreiche Informationsveranstaltungen. Und die finden meistens am Abend statt.
Mittelbehörde Im Regierungspräsidium Stuttgart sind über 2500 Mitarbeiter in neun Fachabteilungen mit 63 Referaten beschäftigt. Es gehört damit zu den größeren Behörden in Deutschland. Regierungspräsident ist Wolfgang Reimer (Grüne). Die vier Regierungspräsiden, neben Stuttgart Karlsruhe, Freiburg und Tübingen, sind innerhalb der Verwaltungsorganisation des Landes als Mittelbehörde zwischen den zehn Landesministerien und den Landrats- und Bürgermeisterämtern angesiedelt. uro