Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 08.12.2017
Orgelbau und Orgelmusik sind in die Unesco-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden. In Ludwigsburg gibt es mit der Oskar-Walcker-Schule die einzige Berufsschule für Orgelbauer in Deutschland. Von Uwe Roth
Die Überraschung steht Werner Stannat zur Mittagszeit immer noch ins Gesicht geschrieben. Der Abteilungsleiter für den Musikinstrumentenbau an der Oskar-Walcker-Schule am Römerhügel in Ludwigsburg ist am frühen Donnerstagmorgen von der Nachricht geweckt worden: Orgelbau und die Orgelmusik sind in die Unesco-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden. „Dass die Nachricht so früh kommt, habe ich nicht erwartet“, sagt der Studiendirektor und Orgelspezialist.
Das Interesse an dem deutschen Traditionsinstrument, dem in den Kirchen aber immer weniger Menschen zuhören, ist nach einer Meldung aus Südkorea mit einem Schlag wieder groß geworden. Dort tagt noch bis Samstag das Unesco-Komitee, das mit seiner Auszeichnung den Wirbel in Deutschland und insbesondere in dieser Berufsschule des Landkreises ausgelöst hat. Sie ist die einzige in Deutschland, die diese Ausbildung anbietet. „Der überwiegende Teil des Nachwuchses im Orgelbau kommt aus Ludwigsburg“, stellt Schulleiter Andreas Moser fest.
Unterricht nach Plan trotz Feierstimmung
Um 4.30 Uhr kam die Nachricht nach Deutschland, ab sieben Uhr wussten die Medien Bescheid – nicht aber Werner Stannat. Als man ihn informierte, blieb ihm nicht viel Zeit für die Vorbereitung, die Neuigkeit in der Schule angemessen zu zelebrieren. Außerdem hat er sich trotz Feierlaune normalen Unterricht vorgenommen. Im Gespräch schaut er abwechselnd auf die Uhr und den Stundenplan. Dabei freut er sich über das positive Echo.
Denn die Aufnahme in das Register der Vereinten Nationen bestätigt ihm die Wertigkeit dieses Berufs auch in der heutigen Zeit, in der manche Kirche auf dieses Instrument verzichte. Derzeit sei es schwierig, junge Menschen für die dreieinhalbjährige Ausbildung zum Orgelbauer zu begeistern, bedauert Stannat. Vor allem der Anteil der Frauen sei mit knapp 15 Prozent etwas niedrig. Da es die einzige Berufsschule dieser Art ist, soll die Unesco-Anerkennung auch dem eigenen Marketing dienen.
Meisterklasse gehört die besondere Aufmerksamkeit
Früher hat es drei Klassen gegeben, heute sind es zwei. „Aber mit stabilen Zahlen“, sagt der Schulleiter. Ihm liegt besonders die Meisterklasse am Herzen. Dabei ist er auf die Unterstützung des Landkreises angewiesen, der für die Ausstattung der Werksräume zuständig ist. Damit ist der Schulleiter zufrieden: „Die ist wirklich top.“
Yann Felix ist Klassensprecher der ersten Jahrgangsstufe. Er hat nach dem Studium der Kunstgeschichte in Tübingen gemerkt, dass Theorie nicht alles ist. Er wollte Kunst mit Handwerk verbinden und kam so zu einem Orgelbauer nach Pfullendorf. „Am Anfang wusste ich nicht, was auf mich zukommt.“ Bisher habe er keinen Tag der Ausbildung bereut, sagt der 26-Jährige. Er schätze das Traditionelle in diesem Handwerk, auch wenn in einer Orgel mittlerweile Glasfaserkabel und elektronische Elemente verbaut seien.
Registereinstellung der Orgel auf USB-Stick
Ein Organist bringt heutzutage die Registereinstellung auf einem USB-Stick mit. Dann kann er sich auf die Tastaturen konzentrieren und muss nicht zusätzlich an der richtigen Stelle ein Register ziehen. Aber eine Orgel wird immer eine Orgel bleiben, ist Yann Felix überzeugt. Der Klang einer Orgelpfeife werde nie durch Lautsprecher ersetzt werden können.