Ludwigsburg: Straßennamen sollen nicht geprüft werden – Nazivergangenheit bleibt unberücksichtigt

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Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 02.02.2018

Der Bauausschuss des Ludwigsburger Gemeinderats hat es abgelehnt, weitere Straßennamen auf eine mögliche Nazivergangenheit des Namensgebers zu prüfen. CDU und Freie Wähler wollen ehrenamtliche Geschichtskommission auflösen. Von Uwe Roth

Zur Debatte standen im Bauausschuss des Gemeinderats die Ludwigsburger Straßennamen „August Lämmle“, „Walter Flex“ und „Auguste Supper“. Eine ehrenamtlich tagende Kommission sollte durch das Gremium beauftragt werden, die Biografien der historischen Persönlichkeiten – allesamt Dichter und Schriftsteller – zu recherchieren. Hätte sich dabei herausgestellt, dass die drei Lebensläufe stark nationalistisch und sogar nationalsozialistisch geprägt sind, wäre dieser Erkenntnis unter Umständen eine Debatte um eine Umbenennung der Straßen gefolgt.

Schon früher keine Änderung von Straßennamen

Doch soweit kommt es nicht: Mit der knappen Mehrheit von einer Stimme ist der Beschlussvorschlag am Dienstag abgelehnt worden. Die Mitglieder der CDU und Freien Wähler (FW) in der Ausschusssitzung wollen zudem im Gemeinderat durchsetzen, dass dort die Historikerkommission aufgelöst wird und damit die Prüfung von Straßennamen ein- für allemal vom Tisch kommt.

Die Diskussion war vor allem auf Seiten der konservativen Ratsmitglieder gefühlsgeladen. „Wir von der CDU waren noch nie dafür“, zürnte Reinhold Noz lautstark über die Existenz der seiner Meinung nach überflüssigen Kommission. „Ein Großteil der Bevölkerung will ihn auch nicht“, ist der stellvertretende Fraktionsvorsitzende überzeugt. Vor knapp drei Jahren waren die Namensgeber „Paul von Hindenburg“ (Reichspräsident, der Hitler an die Macht brachte), „Ernst Heinkel“ (Unternehmer), „Adolf Gesswein“ (Ortsgruppenleiter von Pflugfelden) und „Carl Diem“ (NSDAP naher Sportfunktionär) zur Abstimmung gestanden.

Biografien hinreichend bekannt

Mit einer Mehrheit von drei Stimmen ist damals trotz vieler Verdachtsmomente einer Nazivergangenheit die Suche nach alternativen Stadtnamen verworfen worden.

Nun standen erneut drei Namen auf der Tagesordnung. Die Mitglieder der Geschichtskommission hätten in den Archiven allerdings keine Grundlagenarbeit leisten müssen. Im Internet sind die Biografien hinreichend aufgearbeitet. Dabei ist Wikipedia nicht die einzige Quelle.

Auguste Supper war eine Schriftstellerin, die 1867 in Pforzheim geboren und 1951 in Ludwigsburg gestorben ist. Sie soll eine große Anhängerin Adolf Hitlers gewesen sein – bis weit nach Kriegsende. Walter Flex (1887 bis 1919) hatte nie etwas mit Ludwigsburg zu tun, kam aber dennoch zu Straßennamenehren. Sein nationalistisches Gedankengut war von den Nazis zu Propagandazwecken genutzt worden. Dass August Lämmle auf der Liste stand, schmerzte vor allem Thomas Lutz, der den Namen „durch den Dreck gezogen sieht“. Der CDU-Rat lebt im Stadtteil Ossweil, wo der Heimatdichter 1876 geboren ist. Dass der Schriftsteller mit dem NS-Regime nicht gerade haderte, sondern im Gegenteil eher sympathisierte, ist ihm bekannt. „Lämmle hat in dieser Zeit gelebt“, so seine Erklärung dafür. Die Bedeutung als ein in Ossweil stark verankerter Dichter gehe aber darüber hinaus.

Freie Wähler: „Hirnrissige Zeitverschwendung“

Auch die Freien Wähler wetterten gegen die Sitzungsvorlage. Andreas Rothacker machte andere Argumente geltend: Sich mit solchen Themen zu beschäftigen, sei „eine hirnrissige Zeitverschwendung“. In der Verwaltung und im Gemeinderat habe man Besseres zu tun, als in der Vergangenheit der Straßennamensgeber zu wühlen. Stadträtin Elga Burkhardt kämpft bereits seit Jahren gegen Hindenburg als Straßennamen. Um der CDU ein Angebot zu machen, schlug sie als Alternative „Konrad-Adenauer-Straße“ vor. Ohne damit auf Gegenliebe zu stoßen.