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Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 05.08.2017

Die Stadt Ludwigsburg greift mit ihrer kommunalen Tochter gezielt in den Wohnungsmarkt ein, darüber ärgern sich die privaten Bauträger. Von Uwe Roth

Auf der Warteliste der Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL) stehen die Namen von etwa 1000 Wohnungssuchenden. Die über einen Makler, eine Zeitung oder ein Internetportal fündig werden wollen, sind in dieser Zahl nicht erfasst. Nicht alle suchen eine Sozialwohnung, doch wie überall besteht in der Kreisstadt erheblicher Nachholbedarf bei der Schaffung günstigen Wohnraums.

Konrad Seigfried ist Erster Bürgermeister von Ludwigsburg und zugleich einer der beiden Geschäftsführer der WBL. Das Konzept, Mietangebote für Menschen mit einem geringen Einkommen zu schaffen, erläutert er so: In jedem Neubau wird in einem Drittel der Wohnungen das Mieten um drei Euro je Quadratmeter günstiger gemacht. Ein Drittel der Wohnungen wird normal vermietet, der Rest als Eigentumswohnungen verkauft.

„Die WBL verzichtet auf Mieteinnahmen und schmälert die eigene Rendite auf drei bis vier Prozent“

Die WBL nennt ihr Modell „Fair Wohnen“, und es kommt ohne Fördermittel von Stadt oder Land aus, betont Seigfried und sagt, wie es funktioniert: „Die WBL verzichtet auf Mieteinnahmen und schmälert die eigene Rendite auf drei bis vier Prozent.“ Weniger aber dürfe es nicht werden, um ausreichend Geld für die Instandhaltung der Immobilie zu haben. Vor allem in den Stadtteilen entstehen derzeit Häuser nach dieser Drittellösung.

Unabhängigkeit von privaten Bauträgern

Die Stadt greift mit ihrer kommunalen Tochter gezielt in den Wohnungsmarkt ein. Zu den Grundsätzen ihrer Baupolitik gehöre, keine Ghettos entstehen zu lassen, erklärt der Bürgermeister, sondern Sozialwohnungen dezentral in Mehrfamilienhäusern zu integrieren. Außerdem will Ludwigsburg von privaten Bauträgern weitgehend unabhängig sein.

Dazu hat der Gemeinderat der Stadt ein Vorkaufsrecht in geplanten Baugebieten mit Flächen von mehr als 3000 Quadratmetern gegeben. Erst wenn die Stadt im Besitz der Grundstücke ist, wird mit der Planung begonnen. Als Besitzer der Grundstücke, hätten private Investoren immer wieder versucht, „auf die Stadt Druck auszuüben“ und gedroht, ohne Zugeständnisse die Flächen brach liegen zu lassen.

Private Investoren gehen vors Gericht

So viel kommunalpolitischen Einfluss auf den Wohnungsbau ärgern die privaten Bauträger. Die drei großen in der Stadt haben Klage eingereicht mit der Begründung, die WBL werde als kommunales Unternehmen gegenüber den privaten bevorzugt. Das Verfahren ist noch nicht eröffnet worden. „Wir haben Ende Juli fristgerecht die Klageerwiderung eingereicht“, sagt Seigfried. Die Verkaufspreise hätten „absurde Züge“ angenommen. Da habe die Stadt eingreifen müssen. Im Übrigen könnten private Investoren wegen der inzwischen verbesserten Wohnbauförderung des Landes im sozialen Wohnungsbau gute Renditen erzielen. Seigfried schätzt diese auf mindestens zehn Prozent. Auf eine Ausschreibung der Stadt hätten sich zwölf Unternehmen gemeldet. Für ihn ist es ein Zeichen, dass es sich ein solches Geschäft anscheinend lohnt.

Siehe auch:

http://journalistroth.eu/fluechtlingsunterkunft-mit-eingebauter-nachnutzung/

http://journalistroth.eu/strenger-klage-gegen-ludwigsburg-liegt-in-der-luft/

http://journalistroth.eu/mietspiegel-ludwigsburg/