Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 07.03.2018
Landrat Rainer Haas ist auf die Automobilindustrie derzeit überhaupt nicht gut zu sprechen. Vor deren Lobbyisten, so warnte er am Montag die Kreistagsmitglieder im Ausschuss für Umwelt und Technik, müsse man sich als Kommunalpolitiker in Acht nehmen: „Die tun Ihnen was in den Tee“, sagte er sichtlich aufgebracht. Es soll heißen, die Fahrzeughersteller versuchten, mit ihren Argumenten in der Feinstaubdiskussion die Öffentlichkeit schlicht zu manipulieren.
Landrat Dr. Rainer Haas Landkreis Ludwigsburg
„Die Fahrzeughersteller beherrschen die Regierung. Und die Autobesitzer sind die gemopsten.“ So empfinde er es. Verweise darauf, dass Autos nicht allein an den überhöhten Grenzwerten schuldig seien, sind für den Landrat „Nebelgranaten“.
Die Lobbyisten kämpfen nach seiner Überzeugung aus einem ganz bestimmten Grund mit allen Mitteln gegen ein Fahrverbot: So lange keines verhängt werde, stelle sich die Frage nach der finanziellen Haftung nicht. „Die Hersteller können sagen, dass die Besitzer keinen Schaden haben, so lange sie mit ihrem Auto fahren dürfen.“ Bei einem Fahrverbot hingegen stiegen die Chancen, erfolgreich Schadensersatzansprüche gegenüber den Herstellern geltend machen zu können.
Grundgesetz steht das Recht auf Gesundheit
Der Gang vor Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig ist nach seiner Auffassung unnötig gewesen, um die Rechtmäßigkeit eines Dieselfahrverbots überprüfen zu lassen. Nach seiner Meinung hätte ein Blick ins Grundgesetz ausgereicht. „Dort steht nicht, dass Luftverschmutzung ein Grundrecht ist, sondern das Recht auf Gesundheit“, machte er seine Rechtsauffassung deutlich. Das lerne ein Jurastudent im ersten Semester in der Vorlesung Grundrechte. Er lässt keinen Zweifel daran, dass für ihn ein Fahrverbot eine klare Option sei. Vor der Einführung der Pflicht zum Einbau eines Katalysators vor 30 Jahren habe die Autoindustrie ebenfalls gebockt. Erst auf politischen Druck habe sie nachgegeben.
Grünen-Kreisrätin Doris Renninger fühlte sich nach diesen klaren Äußeren „politisch ganz nah beim Landrat“. Was derzeit zwischen Industrie und Politik stattfinde, ist für sie „moderner Ablasshandel“. Sogar der ADAC sei der Autoindustrie „auf die Füße getreten“. Diese Reaktion habe ihr gezeigt, dass die Hersteller den Bogen überspannt hätten. Leiser Widerspruch kam lediglich von CDU-Kreistagsmitglied Maike Braumann. Er betonte mehrfach, dass Dieselfahrverbote das „aller letzte Mittel“ sein dürften. Schließlich gingen die gemessenen Stickoxidwerte seit Jahren kontinuierlich nach unten.
Antrag auf Kofinanzierung von 20 E-Fahrzeugen gestellt
Der Tagesordnungspunkt, zu dem Landrat Haas ausführlich Stellung bezogen hat, behandelte eigentlich die Förderanträge des Landkreises für das „Sofortprogramm saubere Luft“. Der zuständige Fachbereichsleiter Axel Meier berichtete dem Ausschuss, dass die Landkreise nur teilweise antragsberechtigt seien. So habe das Landratsamt für 20 E-Fahrzeuge sowie für ebenso viele Ladestationen Bundesmittel über rund 433 000 Euro beantragt. Auf den Landkreis kämen Eigenmittel in Höhe von etwa 144 400 Euro zu, sollten die Fördermittel aus Berlin kommen. Beides seien für den kreiseigenen Fuhrpark vorgesehen, die Ladestationen daher nicht öffentlich zugänglich. Uwe Roth