Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 02.01.2018
Nach knapp 20 Jahren hat der Landkreis Ludwigsburg einen neuen Imagefilm veröffentlicht. Produziert hat ihn die Filmakademie Baden-Württemberg. Preiswürdig ist er nicht geworden. Der 25-Minuten-Film, in dem Firmen wie Dürr und AMG vorkommen, ist arg werbelastig geraten.
Es ist gut, dass der Landkreis den Friedrich Schiller hat. Ihn zu zitieren, sorgt – egal für welchen Zweck – immer fürs nötige Niveau, beweist Heimatliebe und Belesenheit. Um genau solche Botschaften zu liefern, haben die Filmemacher die Verse des in Marbach geborenen Dichters zum roten Faden durchs Drehbuch des neuen Landkreis-Werbefilms gespannt.
Landrat Rainer Haas hat diesen den Kreistagsmitgliedern in die Weihnachtsferien mitgegeben. Der derzeitige Imagefilm sei nun beinahe 20 Jahre alt, zuletzt 2007 überarbeitet worden und habe dringend durch eine aktuelle Darstellung des Landkreises ersetzt werden müssen, so seine Begründung. Dass es vor Ort eine berühmte Filmakademie gibt, der man den Auftrag laut Landratsamt nach „einen beschränkten Wettbewerb“ anvertrauen konnte, war in diesem Fall Film-, Wirtschafts- und Imageförderung zugleich.
Imagefilm macht Tradition und Innovation zum zentralen Thema
Der Film ist in sechs Kapitel gegliedert. Jedes ist einem Themenkreis gewidmet – wie „Geschichte und Kultur“, Wirtschaft und Ausbildung“, „Innovation und Mobilität“, „Freizeit und Weinbau“ oder „Verwaltung und Gesundheit“.
Im Landkreis kann man beides mit Weltruhm haben, darauf laufen die Aussagen hinaus: Tradition und Innovation, die weit über der Kreisgrenze hinaus Bedeutung haben. Filmisch ist die Botschaft so umgesetzt: Die vor über 200 Jahren geschriebenen Reime stehen als Ton im Kontrast zum Bild, das moderne Industrieanlagen zeigt.
Gleich am Anfang des Films hat die Filmakademie-Absolventin Jutta Schön Schillers Glocke gesetzt mit dem bekannten Aphorismus: „Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis, Ehrt den König seine Würde, Ehret uns der Hände Fleiß.“ Es ist ein Zitat, das eigentlich nicht so recht zum rebellischen Sturm-und-Drang-Dichter passen will. Aber es passt sicher zu den fleißigen Kreisbewohnern, die im Film gezeigt werden.
„Mit dem Programm Digital @ Dürr wird durch intelligente Vernetzung die Effizienz der Dürr-Anlagen weiter gesteigert“
Viel Aufmerksamkeit widmen die Filmemacher einer Person, die eigentlich in Berlin lebt: Heinz Dürr, Hauptaktionär der Dürr Aktiengesellschaft in Bietigheim-Bissingen. Man sieht den 84-Jährigen, wie er mit einem Mitarbeiter lebhaft ein Projekt bespricht, als sei er täglich im Unternehmen gegenwärtig. Dürr sagt Sätze wie „wir fühlen uns hier sehr wohl und gut betreut“ – gemeint ist der Landkreis. Dafür revanchiert sich der Filmtexter mit Sätzen wie „mit dem Programm Digital @ Dürr wird durch intelligente Vernetzung die Effizienz der Dürr-Anlagen weiter gesteigert“.
Etwas später nimmt die Filmcrew die Firma AMG in Affalterbach in den Fokus. Der Daimlertochter wird bescheinigt, dass sie „steil durchstartet“ und dort „Teamarbeit groß geschrieben wird“. Ein hochgerüstetes AMG-Produkt, das mit röhrendem Motor über eine Kreisstraße rast und im Gegensatz zum Mobilitätskonzept der Landkreispolitik steht, bleibt hingegen unkommentiert.
Sponsern Unternehmen den Imagefilm?
Auch dem Weinanbau sind lobende Worte gewidmet, sowohl der hohen Qualität der Weine als auch der Pflege der Steillagen. Das übernimmt der Brite Stuart Pigott, ein internationaler Weinexperte und Autor, wie er beschrieben wird, der ebenfalls in Berlin lebt, aber schon mal vor Jahren beim Neujahrsempfang des Landkreises ausufernd über Trollinger und Co. referieren durfte.
Die Werbelastigkeit legt die Vermutung nahe, dass die Unternehmen für ihren Auftritt im Imagefilm bezahlt haben. Schließlich sollen die knapp 25 Minuten eine weite Verbreitung auch übers Internet finden.
Kreisbürger können Imagefilm kaufen
Ein Sprecher der Kreisverwaltung versichert hingegen: „Kein Unternehmen hat Sendezeit gekauft.“ Diese seien nach unterschiedlichen Aspekten ausgesucht worden, die die Wirtschaftsstärke des Landkreises ausmachten. Doch nachträglich hätten Firmen einen finanziellen Beitrag „in Aussicht gestellt“. Geld sei bislang allerdings nicht geflossen, stellt er klar. Die Produktionskosten will die Verwaltung aber nicht nennen.
Info Im Kreismedienzentrum kann die DVD mit dem Imagefilm für eine Gebühr von fünf Euro erworben werden.