Kuhnle in Beinstein: eine Baufirma in Familienhand

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ZVW, Uwe Roth, 15.12.2019

Von unserem Mitarbeiter Uwe Roth

Waiblingen

Friedrich Kuhnle hat darauf bestanden, dass seine beiden Söhne Moritz und Matthias bei dem Gespräch mit am Tisch sind. Es ist nicht so, dass er deren fachliche Unterstützung gebraucht hätte, um sämtliche Fragen zur Bauunternehmung Berthold Kuhnle zu beantworten. Dafür steckt der 70-Jährige noch zu tief im Tagesgeschäft.

Der Seniorchef des 92 Jahre alten Familienunternehmens in Waiblingen-Beinstein ist noch der zentrale Ansprechpartner. Doch Kuhnle denkt über seinen Rückzug nach. Dass Moritz und Matthias dabei sind, ist seine persönliche Botschaft: Die Söhne führen den Betrieb weiter, sie haben das Zeug dazu. Sein Lebenswerk hat er erfolgreich weitergereicht. „Das passt schon sehr gut“, sagt er sehr zufrieden und strahlt dabei.

Matthias Kuhnle wird in der Geschäftsführung seine Aufgaben übernehmen, die Kalkulation und Akquisition der Projekte. Der Diplomingenieur hat in einem anderen Bereich die Nachfolge bereits vor fünf Jahren angetreten. Kuhnle junior sitzt seit 2014 für die Freien Wähler im Waiblinger Gemeinderat, in dem der Senior bis dahin knapp 40 Jahre vertreten war. Die Kuhnles sind in der Stadt und insbesondere in Beinstein nicht wegzudenken. Die Familie hält zusammen. Das gehört irgendwie zum Geschäftsmodell und wird regelmäßig zur Mittagszeit zelebriert: Dann treffen sich die drei Kuhnles am Mittagstisch, die Seniorchefin hat gekocht, und es wird über Berufliches und Familiäres gesprochen. Nach Feierabend, der spät werden kann, gehen Moritz und Matthias zu ihren Familien. „Jeder von uns hat ein eigenes Privatleben“, versichern sie.

Eines von vier führenden Bauunternehmen im Hochbau

Nach eigener Einschätzung ist die Berthold Kuhnle Bauunternehmung GmbH & Co. KG „im Rems-Murr-Kreis eines von vier führenden Bauunternehmen im Hochbau“. Überall hat sie ihre Spuren hinterlassen. Darunter sind so bekannte Bauwerke wie die Stihl-Galerie, das Verwaltungsgebäude der Firma Stihl, die Volksbank in Waiblingen sowie weitere bekannte gewerblich genutzte Gebäude und kommunale Einrichtungen, Kindergärten oder Turnhallen, im Umkreis. „Zu drei Viertel sind wir aber mit dem Wohnungsbau absolut ausgelastet“, sagt der Senior. Hauptsächlich sind es Mehrfamilienhäuser. Für kleinere Bauvorhaben ist die Firma zu groß. Matthias erklärt: „Für ein Unternehmen unserer Größe lohnen sich Projekte erst aber einer Auftragssumme von 400 000 Euro.“ Kleine Handwerksbetriebe brauchen weniger Personal für die Verwaltung. „Unser Wasserkopf ist doch größer.“

75 Beschäftigte hat das Unternehmen. Jährlich stellen die Kuhnles drei bis vier Auszubildende ein. Somit sind immer neun bis zehn Azubis in der Belegschaft. Die Folge ist, dass „wir aktuell keinen Facharbeitermangel haben“, so der Seniorchef. „Außerdem haben wir auf vielen Baustellen seit Jahren die immer gleichen Nachunternehmer, die zuverlässig für uns arbeiten.“ Für die Stammbelegschaft zählt ebenfalls das Prinzip des Familienbetriebs. Langjährige Zugehörigkeit ist die Regel. Im August vergangenen Jahres ging ein altgedienter Polier nach 50 Jahren in den Ruhestand.

Es fehlt massiv an Bauingenieuren – der Markt ist leergefegt

Allerdings mangelt es bei den Ingenieuren. Das ist der anhaltend guten Baukonjunktur geschuldet. „Der Markt ist leergefegt.“ Für Moritz Kuhnle hat das die Konsequenz, dass er öfter als Bauleiter im Rohbaubereich im Einsatz ist als in seinem eigentlichen Aufgabengebiet – dem schlüsselfertigen Bauen. Einem Bauträger sämtliche Planungs- und Koordinationsarbeiten abzunehmen, liegt in der Branche im Trend. Wenn das Management eines Projekts in der eigenen Hand liegt, lässt sich der Einsatz der eigenen Mitarbeiter und Maschinen effizienter organisieren.

Effizienz – das war der ausschslaggebende Gedanke für eine spezielle Baustellenkonstruktion, auf die das Bauunternehmen sogar ein Patent beantragt hat: die Kuhnle-GreWa® Systemwand, entwickelt vom langjährigen Oberbauleiter und Prokuristen Andreas Schnaithmann. Sie kommt vor allem dort zum Einsatz, wo neue Untergeschosswände direkt auf oder nahe der Grundstücksgrenze entstehen sollen. „Üblicherweise ist dann ein Eingriff in das Nachbargrundstück notwendig“, erläutert Moritz und oftmals erhebt ein Nachbar dagegen Einspruch. Um sich dies zu ersparen, bleibt die Baugrubenwand samt Fundament auf dem Baugrund des Bauherrn und ist gleichzeitig  Verbau und fertige Außenwand. Die Wand wird dazu durch besondere Stützen im Boden des Baugrundstücks verankert – und nicht beim Nachbarn. Die Kuhnles rechnen damit, dass ihre Wand zukünftig oft zum Einsatz kommen wird. In den Kommunen ist Nachverdichtung ein großes Thema. Lücken, die wegen der Enge unbebaut geblieben sind, sollen nun geschlossen werden.