Insektenstiche können tödlich enden

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ZVW Uwe Roth, 29.08.2016

Winnenden.
Insektenstiche sind meistens schnell verschmerzt. Nach der jüngsten AOK-Statistik für den Rems-Murr-Kreis sind für durchschnittlich 700 Versicherte im Jahr die Folgen allerdings so schlimm, dass diese ärztlich behandelt werden müssen. Die wenigsten Stiche enden jedoch tödlich.

Die schweren Fälle landen bei Dr. Torsten Ade. Er ist Chefarzt der Interdisziplinären Notaufnahme am Rems-Murr-Klinikum Winnenden. „Wenn der Patient eine pfeifende Atmung hat, ihm das Atmen schwerfällt und der Nase-Rachen-Raum zugeschwollen ist, dann hilft nur noch ein Notruf“, sagt der Mediziner. Hier handelt es sich um einen allergischen Schock, gegen den ein Laie auch mit Erste-Hilfe-Wissen wenig ausrichten kann. Gefährdete Menschen fallen innerhalb einer halben Stunde in einen solchen lebensbedrohenden Zustand, manchmal jedoch auch schon nach wenigen Minuten.

Adrenalin: Das schnellste Medikament

Vom Notarzt gibt es als Erstes gegen die akuten Schocksymptome eine Spritze mit Adrenalin direkt in den Oberschenkelmuskel. „Adrenalin ist das schnellste Medikament, die Wirkung hält allerdings nicht lange an“, sagt Dr. Ade. Deswegen wird dem Patienten Kortison intravenös verabreicht. Menschen, die zu einer Allergie neigen, sollten bei einem Insektenstich dennoch nicht in Panik geraten, beruhigt der Chefarzt. Denn normalerweise folgt auf den ersten Insektenstich (oder beim Genuss eines unverträglichen Lebensmittels) nicht sofort ein Schock, sondern eine allergische Reaktion, erläutert der Mediziner. Symptome sind rote Stellen an einzelnen Hautstellen, Pusteln und Quaddeln. Diese werden gekühlt und können mit Salben wie Fenistil behandelt werden.

Besonders aufpassen sollten Allergiker, bei denen die Reaktionen nach jedem Stich heftiger werden. „Die Hautrötungen nehmen von Mal zu Mal zu, der Patient ist quasi vorgewarnt“, so Ade. Wer einen ersten allergischen Schock erlitten hat, bekommt ein Notfallset, um bei einer Wiederholung gerüstet zu sein. Zum Set gehört eine selbstauslösende Adrenalinspritze. Die drückt man fest auf den Oberschenkel, den Rest erledigt das Instrument allein.

Weil es solche Vorzeichen und Notfallsets gibt, seien Todesfälle trotz der bedrohlichen Symptome relativ selten, sagt Chefarzt Ade. Die AOK Ludwigsburg-Rems-Murr zitiert in einer Mitteilung über die Gefährlichkeit von Insektenstichen eine Untersuchung des Robert-Koch-Instituts. Diese habe ergeben, dass etwa 25 Prozent der Bevölkerung unter „allergisch verursachten örtlichen Reaktionen“ litten und bis zu 3,5 Prozent eine potenziell lebensbedrohende Anaphylaxie entwickelten, wie die gefährliche Körperreaktion auf das Insektengift genannt wird.

Pro Jahr etwa 20 Todesfälle – Dunkelziffer unbekannt

Laut Robert-Koch-Institut werden pro Jahr etwa 20 solche Todesfälle in Deutschland dokumentiert, wobei es die Dunkelziffer „deutlich höher“ einschätzt.

Nach AOK-Angaben wurden in der Region Ludwigsburg-Rems-Murr im Jahr 2014 rund 1600 AOK-Versicherte wegen Insektenstichen ärztlich behandelt. Im Rems-Murr-Kreis waren es 659 Menschen, im Jahr davor 779 und 652 in 2012. Wer zu allergischen Reaktionen neigt, sollte darauf achten, Insektenstiche zu vermeiden, rät AOK-Ärztin Dr. Sabine Knapstein. Ihre Tipps: Wespen werden vor allem von zuckerhaltigen Getränken und Speisen angelockt. Ist eines der Tiere im Anflug, bloß nicht hektisch herumwedeln oder -schlagen! Bienen und Wespen stechen nicht, um anzugreifen, sondern um sich zu verteidigen. Gläser und Flaschen sollte man immer abdecken, da sonst unbemerkt ein Tier hineingelangen und beim Trinken verschluckt werden könnte. Weitere Vorsichtsmaßnahmen: nicht barfuß auf blühenden Wiesen – demnächst blüht der Klee – herumlaufen und Abstand zu Insektennestern und -schwärmen halten.

Die normale Reaktion auf Insektenstiche sind Juckreiz und leichte Schwellungen.

Hier hilft vor allem Kühlen etwa mit einem feuchten Umschlag. Auch eine aufgeschnittene Zwiebel gilt als guter Helfer, allerdings können deren Inhaltsstoffe die betroffene Hautstelle reizen.

Cremes und Gels mit sogenannten Antihistaminika können den Juckreiz lindern.

Niedrig dosierte Kortisonpräparate wirken intensiver und dämmen zusätzlich die Entzündung ein.

Hier lohnt ein Gespräch mit Arzt oder Apotheker.