Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 25.03.2017
Kreis Ludwigsburg Der Kreisdiakonieverband hat einen Fonds eingerichtet. Wer in Not geraten ist, erhält von der Schuldnerberatung ein zinsloses Darlehen. Von Uwe Roth
Es ist ein spezieller Beitrag zum Reformationsjubiläum, erläutert der Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands Ludwigsburg, Martin Strecker, die am Freitag im Haus der Diakonie in Ludwigsburg vorgestellte Aktion. Sie soll an Martin Luthers ausgeprägte Abneigung gegen geldgierige Verleiher und deren Wucherzinsen erinnern. Zur Freiheit gehörte nach seinem Verständnis ein schuldenfreies und damit selbstbestimmtes Leben.
Folglich lag es für die Evangelische Kirche nahe, ihre Aktion in Zusammenarbeit mit den diakonischen Beratungsstellen „Freiheit durch Entschuldung“ zu nennen. Zentrales Element ist dabei der Aufbau eines Entschuldungsfonds. Über diesen erhalten Kreisbürger, die in akuten Zahlungsschwierigkeiten stecken, ein zinsloses Darlehen. Die Voraussetzung ist allerdings ein Besuch der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung bei der Diakonischen Bezirksstelle Vaihingen.
15000 Euro Startsumme
Die Evangelische Landeskirche hat den Fonds zum Start mit 15 000 Euro ausgestattet. Über Spenden und Gottesdienstopfer soll die Summe weiter wachsen. Die Schuldner bekommen das zinslose Darlehen aus dem Fonds nicht geschenkt. Sie müssen es in für sie leistbaren Raten tilgen. So kommt auch auf diesem Weg wieder Geld in den Fonds zurück, das dann für weitere Darlehen zur Verfügung steht.
Sonja Henning ist Mitarbeiterin der Beratungsstelle. Sie berichtet, dass oftmals schon Beträge in niederem vierstelligen Bereich reichen, um Menschen mit geringem Einkommen völlig aus der Bahn zu werfen. Im vergangenen Jahr haben sie und ihre Kolleginnen knapp 240 Beratungen geleistet. Der durchschnittliche Schuldenwert betrug laut Jahresstatistik 38 600 Euro. Somit sind neben vielen Kleinschuldnern einige Ratsuchende mit sechsstelligen Kreditbeträgen vorstellig geworden. „Den typischen Schuldner gibt es nicht“, stellt die Sozialpädagogin fest. Häufige Gründe für ein unverschuldetes Abrutschen in die Miesen seien eine Krankheit, Arbeitslosigkeit, Altersarmut, psychosoziale Probleme, Trennung und Scheidung.
Im Wort Schulden steckt das Stigma Schuld
„Das Thema ist schambesetzt“, weiß der Diakoniemitarbeiter Martin Strecker. Allein im Wort Schulden steckt das Stigma Schuld. Oftmals kämen die Menschen erst, wenn der Waschzuber mit ungeöffneten Rechnungen überlaufe, zahlreiche Gläubiger Sturm klingelten und die Not kaum noch größer werden könne. Eine wichtige Aufgabe der Schuldnerberatung ist, die Klienten vom unmittelbaren Druck der Gläubiger zu entlasten. Dabei hilft der Entschuldungsfonds. Um drängende Zahlungsziele einzulösen, bekommen Gläubiger zumindest einen Teil ihrer Ausstände direkt aus dem Fonds überwiesen. Die Verhandlungen führen die Schuldnerberater.
Die Schuldner gewinnen dadurch Zeit, um das Geld in Raten bezahlen zu können, die ihren Umständen angemessen sind. Damit der Entschuldungsfonds über Spenden flüssig bleibt, muss die Diakonie Spendern zeigen, dass tatsächlich nur in Notfällen geholfen wird und nicht Menschen unterstützt werden, die ein Problem haben, mit Geld umzugehen. Von den Kirchengemeinden habe es jedenfalls bisher „gute Rückmeldungen“ zur Aktion gegeben, so Geschäftsführer Strecker.