Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 30.06.2017
Freie Wähler, CDU und der OB haben sich in einer Gemeinderatssitzung die Grüne Fraktionsvorsitzende Elfriede Steinwald vorgeknöpft. Der Vorgang erinnerte an ein Tribunal.
Ludwigsburg. Die Fraktionschefin der Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat, Elfriede Steinwand, kann mitunter sehr emotional werden und mit hastigen Formulierungen übers Ziel hinausschießen. Vor vier Wochen ist ihr das in einer Sitzung des Bauausschusses passiert, es gab einen regelrechten Eklat.
In der Diskussion um einen Radweg entlang der Marbacher Straße hat sie sich schrecklich darüber aufgeregt, dass Teile der Freien Wähler (FW) und der CDU nach ihrer Sicht aus heiterem Himmel den Bau ablehnten, obwohl es einen entsprechenden Grundsatzbeschluss gibt. Sinngemäß unterstellte sie insbesondere den beruflich Selbständigen unter den FW/CDU-Verweigerern, dass diese ansonsten gerne die bevorzugte Behandlung der Stadtverwaltung genössen, in diesem Fall sich aber gegen die Stadtinteressen stellten. Die Angesprochenen fassten das als Korruptionsvorwurf auf und verließen unter Protest die Sitzung.
In Folge hat sich Oberbürgermeister Werner Spec die Fraktionschefin in einem persönlichen Gespräch zur Brust genommen und ihr klar gemacht, dass die Vorwürfe haltlos seien. Das weiß man, weil der OB die FW- und CDU-Fraktion in einem Brief darüber informiert hat. Ebenfalls schriftlich hat sich Steinwand bei den betroffenen Räten für ihre „übertriebene emotionale Überreaktion“ entschuldigt. Einen Korruptionsverdacht habe sie nie aussprechen wollen.
OB als Ankläger
Dabei hätte man es seitens der Stadt und des Gemeinderats belassen können. Doch die Angegangenen karteten am Mittwoch in einem regelrechten Tribunal nach. Noch vor dem ersten Tagesordnungspunkt des Gemeinderats präsentierte sich der Oberbürgermeister als Ankläger, Richter und Verteidiger in einer Person. FW-Fraktionsvorsitzender Reinhardt Weiss und CDU-Chef Klaus Herrmann folgten mit ihren Stellungnahmen sozusagen als Nebenkläger.
Spec führte im Detail aus, dass die von der Grünen-Rätin verdächtigten FW-Ratsmitglieder, ein Gastronom, ein Fischhändler sowie ein Bäcker, seitens der Stadt keinesfalls bei der Genehmigung von Stellflächen bevorzugt worden seien. Der OB wetterte, die haltlosen Vorwürfe wirkten sich auf die Betroffenen möglicherweise geschäftsschädigend aus. Außerdem könnte die Folge sein, dass Selbständige, so in die Ecke gestellt, keine Lust mehr auf ein Mandat im Gemeinderat haben könnten. Spec hatte sogar prüfen lassen, ob die Äußerungen der Grünen-Räten gerichtsverwertbar seien. Er musste sich vom Hausjuristen sagen lassen, dass diese wohl in die Kategorie Meinungsfreiheit fielen.
Weiss und Herrmann wiederholten im Wesentlichen die Strafpredigt des Oberbürgermeisters. Der CDU-Mann schickte seiner voraus, dass es ihn sehr gefreut habe, als die Grünen bei der Saarlandwahl aus dem Landtag geflohen seien. Herrmann beschrieb die Ratsmitglieder als ganz normale Bürger, die zum Beispiel auch Strafe fürs Falschparken zahlen müssten. Auf Nachfrage bei der Stadt gilt der Grundsatz der Gleichheit sogar für den kostenlosen Dauerparkschein für die Rathaustiefgarage. Laut einer Sprecherin dürfe dieser von den Ratsmitgliedern nur für die Dauer einer Sitzung genutzt werden. Das werde geprüft – manchmal, wie sie nachschiebt.⇥ Uwe Roth