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Königsgrab Alter Friedhof Ludwigsburg

Fast vergessen: Das Grab des letzten Königs auf dem Alten Friedhof Ludwigsburg

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Stuttgarter Zeitung, Uwe Roth,  

Einfaches Grab, statt Mausoleum: In unserer Serie zu historischen Orten besuchen wir die letzte Ruhestätte Wilhelms II. Uwe Roth

Besucher müssen schon wissen, wo sie suchen sollen: In Ludwigsburg ist der letzte König Württembergs begraben. Aber die Grabstätte auf dem Alten Friedhof ist nicht leicht zu finden. Auch am Eingang steht Allerdings steht kein Hinweisschild, das auf die historische Gedenkstätte aufmerksam macht. Nicht einmal Google Maps weiß Bescheid. Ein Mausoleum, das ziemlich exakt in der Mitte des 1761 angelegten Friedhofs die Blicke auf sich zieht, ist jedenfalls auch nicht das Königsgrab. Dort liegen die Gebeine von Karl von Zeppelin.

Marmor-Kreuz auf dem Familiengrab des letzten Königs von Württemberg

Sockel des Königgrabs Alter Friedhof Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
Sockel des Königgrabs Alter Friedhof Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth

Kommt man von der Harteneckstraße in die parkähnliche Anlage mit den verwitterten Grabsteinen, geht es gleich nach dem Tor links weg zum Königsgrab. Es ist mit Büschen umrahmt. Im Zentrum steht ein weißes Kreuz aus Carrara-Marmor, vor einem gotischen Torbogen, der an eine Kapelle erinnern soll. Um aber zu erkennen, wer dort beerdigt ist, muss man ganz nah heran gehen, um auf dem Sockel die Namen entziffern zu können. Und auch dann ist Geschichtswissen nötig, um deren Bedeutung im Haus Württemberg einordnen zu können.

König Wilhelm II. ließ das Grab für seinen mit fünf Monaten gestorbenen Sohn anlegen

Auf der Vorderseite steht an prominentester Stelle: Christoph Ulrich Ludwig – Prinz von Württemberg – geb. 28. Juli, gestorben am 28. Dezember 1880. Ein fünf Monate alter Säugling liegt hier in der Erde. Folglich kann es der letzte König nicht sein. Es ist der Sohn Wilhelms des Zweiten. Für ihn ließ der König die Grabstätte anlegen. Davor hatte der württembergische Adel die letzte Ruhe in einer Gruft im Ludwigsburger Schloss gefunden.

Der Name des letzten von vier Königen, die Württemberg hatte, ist unauffällig auf der linken Sockelseite eingraviert: „geb. 25. Febr. 1848, gest. 2. Okt. 1921“. Der Steinmetz hatte nicht genug Platz, die Monatsnamen auszuschreiben. Eine verwitterte Gravur ist die letzte öffentlich zugängliche Erinnerung an den Mann, der nach dem Ersten Weltkriegs am 29. November 1918 abdanken musste. Die letzten drei Jahre lebte er abwechselnd in Bebenhausen und Friedrichshafen am Bodensee.

Grabstätte des letzten Königs von Württemberg auf dem Alten Friedhof in Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
Grabstätte des letzten Königs von Württemberg auf dem Alten Friedhof in Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth

Ludwigsburg war schon lange nicht mehr Residenz, und dennoch wollte er im Familiengrab und nicht in Stuttgart bestattet werden. Vom Begräbnis ist im kollektiven Gedächtnis mehr geblieben als von der Ruhestätte selbst. Wilhelm II. hatte vor seinem Tod mit 72 Jahren befohlen, von Bebenhausen aus nach Ludwigsburg Stuttgart, die Stätte seiner Niederlage, weiträumig zu umfahren. 100 000 Menschen sollen ihm entlang des Trauerzugs die letzte Ehre erwiesen haben. So steht es in den Geschichtsbüchern. In der Ruhestätte an der Friedhofsmauer unweit des Krankenhauses ruhen neben dem Sohn, seine erste Frau, Prinzessin Marie von Waldeck und Pyrmont, die mit 25 Jahren im Kindbett starb. Der Name seiner zweiten Frau steht auf einer Grabplatte: „Charlotte, Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, geb. 10. Oktober 1864, gest. 16. Juli 1946“.

Königsgrab auf dem Alten Friedhof Ludwigsburg ist lange vernachlässigt worden

Es war die letzte Beerdigung an dieser Grabstätte, die schon bald in Vergessenheit geriet. Die letzte Adelstrauerfeier in Ludwigsburg war im Mai 1965. Die Tochter des abgedankten Königs, Pauline von Württemberg, ließ sich mit einer städtischen Sondergenehmigung mitten auf ihrer Pferdekoppel an der Heilbronner Straße beisetzen. Hier wie da steht die Grabpflege nicht im Fokus des Hauses Württemberg.

Die Gedenkanlage auf dem Alten Friedhof verwahrloste mit den Jahrzehnten. Moos machte sich auf dem Grabstein breit. Die Umfassungen der Beete bröckelte. In den 1990er Jahren fiel ihr Zustand derart unangenehm auf, dass es als öffentliches Ärgernis diskutiert wurde. Die Stuttgarter Zeitung berichtete damals, dass sich zwei „betagte Ludwigsburgerinnen“ beim Besuch des Grabs zum 150. Geburtstag des Königs arg für die Nachlässigkeiten „geniert“ hätten. Ein Zeitungsleser und Ludwigsburger Bürger startete daraufhin eine Spendenaktion, weil die Stadt allein für eine Renovierung nicht aufkommen wollte. Im Februar 1999 erstrahlte die königliche Ruhestätte nach umfangreichen Reinigungsarbeiten und Zurückschneidens wildwuchernder Hecken im neuen Glanz.

Familiengrab des letzten Königs von Württemberg auf dem Alten Friedhof in Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
Familiengrab des letzten Königs von Württemberg auf dem Alten Friedhof in Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth

Das Haus Württemberg soll sich damals an den Renovierungskosten von insgesamt 30 000 Euro beteiligt haben. Doch bis heute gibt es vom Adel kein Geld für die laufende Grabpflege, wie im Rathaus bestätigt wird. Dafür ist allein die Stadt Ludwigsburg zuständig. Der Alte Friedhof ist eine Grünanlage, die unter Denkmalschutz steht. Laut einer Rathaussprecherin stehen für die gärtnerische Pflege des Areals im Jahr zwischen 55 000 und 60 000 Euro zur Verfügung.

In diesem Kostenrahmen halten die Friedhofsgärtner das Königsgrab so gut, wie es geht, in Ordnung. Frische Blumen sind selten im Budget. Fans des Königshauses, die gelegentlich Blumenschmuck zurücklassen könnten, gibt es wohl auch nicht. Allerdings liegen verstreut zwischen Bodendeckern und auf dem Sockel einige rosa Nelken – aus Plastik.