Europaparlamentarier stimmen CO2-Börse zu

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Von Uwe Roth, Straßburg, 26.10.2000, FTD

Das Europäische Parlament hält die Einführung eines europaweiten einheitlichen Systems zum Handel mit CO2-Emissionen für ein sinnvolles Instrument, um die Erderwärmung zu bekämpfen. Nachdrücklich unterstützen die Abgeordneten gestern in Straßburg den Plan der EU-Kommission, dafür ein Regelwerk bis 2005 festzulegen.

Die klimapolitische Debatte stand im Vorfeld zur sechsten Klimakonferenz vom 13. bis 24. November in Den Haag.

Klimawandel und der politische Druck aus dem Abkommen von Kyoto zur Senkung der Emissionen von Treibhausgasen brachten den Meinungswandel im Parlament. Löste der von den USA eingesetzte marktwirtschaftliche Ansatz zum Klimaschutz anfänglich Abwehrreaktionen aus, so brachte der parlamentarische Umweltausschuss nun einstimmig sein positives Votum für die Kommissionsinitiative in die gestrige Plenarsitzung ein. Die Abstimmung soll am heutigen Donnerstag erfolgen.

Der Europäischen Union läuft klimapolitisch die Zeit davon. 1998 hatten sich die Mitgliedsstaaten im Protokoll von Kyoto verpflichtet, im Zeitraum 2008 bis 2012 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um acht Prozent zu verringern.  Nach Berechnungen der EU-Kommission wird allein das weiter wachsende Verkehrsaufkommen die in der Industrie erreichte Absenkung an Treibhausgasen zunichte machen. Auch die boomende Wirtschaft hat den Verbrauch an fossilen Energieträgern, deren Verbrennung eine Ursache für die Erderwärmung ist, anwachsen lassen.

Der im Europaparlament mächtige Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie fürchtet in seiner Stellungnahme, dass die EU-Staaten ihre im Kyoto-Abkommen festgelegten Ziele verfehlen werden, weil der europäische Gesetzgeber bislang keine bindende Verpflichtung ausgesprochen hat. Zwar hat Brüssel 1998 in der so genannten Lastenteilungsvereinbarung festgelegt, welchen Anteil jeder Mitgliedsstaat an der Treibhausgasreduktion übernehmen muss, damit die EU ihre Acht-Prozent-Quote erreichen kann. Doch die EU-Kommission hat gegenüber nachlässigen Staaten
keine Sanktionsmöglichkeiten. Jeder Anlauf zur Erhebung einer EU-einheitlichen Ökosteuer ist an der  notwendigen Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten in der Steuerpolitik gescheitert.

Jetzt hofft das Europäische Parlament, mit der Verabschiedung eines europäischen Rechtsrahmens für den Handel mit Treibhausgasemissionen zu einer verbindlichen Klimapolitik zu kommen. Dieser Schritt ist für den Verfasser der Stellungnahme Rolf Linkohr (SPD) gleichzeitig der Schritt hin zu einer europäischen Energiepolitik. Wegen der fehlenden Rechtsverbindlichkeit auf EU-Ebene bei der Ausschöpfung von Energieeinsparpotenzialen gibt es nach seiner Überzeugung eine solche bislang nicht.
Sein Ansatz, die Klimaschutzpolitik zum Leitthema einer EU-Klimapolitik zu machen, ist unter den Europaabgeordneten allerdings umstritten.

Auch der Handel mit Treibhausgasen wird im Europaparlament unterschiedlich gesehen. So sprechen französische Abgeordnete bei den Emissionsrechten, die einem Industrieunternehmen zugesprochen werden, von Verschmutzungsrechten. Damit sind sie auf Konfrontationskurs zur Regierung in Paris, die seit einiger Zeit für die Einführung eines nationales Emissionshandels plädiert.

Jetzt will die EU zum Vorreiter werden. Nach dem Kyoto-Protokoll soll 2008 ein internationales Emissionshandelssystem anlaufen. In der EU soll es 2005 funktionieren. Geplant ist, auch die Beitrittsstaaten, deren Industrien einen hohen CO2-Ausstoß haben, in den Emissionshandel einzubeziehen. Erfasst sind sechs Branchen, auf die zusammen 45 Prozent der CO2-Emission in der EU entfallen. Der größte Sektor ist mit 30 Prozent die Energieerzeugung.