EU setzt auf die Unterstützung der Behörden vor Ort

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Staatsanzeiger Uwe Roth 07.12.2012

Über Landratsämter wird ein großer Teil der Mittel aus EU-Programmen verteilt. Die Institutionen der EU hoffen im Gegenzug auf Öffentlichkeitsarbeit über Sinn und Zweck der Subventionen. In den Pressestellen tut man sich schwer, diese Erwartung zu erfüllen. Auch für sie ist die EU schwer erklärbar.

BRÜSSEL/STUTTGART. Als eine der reichsten Regionen in der Europäischen Union habe Baden-Württemberg die Subventionen aus den Strukturfonds eigentlich gar nicht nötig. EU-Kenner, die mit dem Land in Verbindung stehen, würden das selbstverständlich nie öffentlich sagen. Trotzdem stößt es ihnen immer wieder auf, wie erbittert um die Verteilung der Beträge aus Brüssel an Deutschland im Bundesrat gekämpft wird. Hinter vorgehaltener Hand ist ihr Ärger aber zu hören.

Mit der Verteilung von Fördermitteln möchte die EU nicht zuletzt auf sich aufmerksam machen, also Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Ihre Botschaft heißt: Das europäische Gebilde ist für den Bürger nicht ausschließlich ein Kostenfaktor, sondern er hat zudem Möglichkeiten, über Förderprogramme und Fördertöpfe vom Geld der EU zu profitieren. Oftmals sind es kleine Summen, die den EU-Institutionen beim Empfänger mehr zur Eigenwerbung dienen sollen, als dass sie Strukturen verändern könnten.

Hintergründe über die EU-Förderung sind öffentlich kaum bekannt

Verteilstellen vor Ort sind oftmals die Landratsämter. Deren Pressesprecher waren kürzlich vom Landkreistag eingeladen, in Brüssel verschiedene Einrichtungen kennenzulernen. Die Mitarbeiter der Kreisbehörden veröffentlichen zwar regelmäßig Meldungen im Zusammenhang mit EU-Themen. Aber die Hintergründe dazu kennen sie nach eigenem Bekunden bloß ausnahmsweise. Und es bleibt ihnen, wie sie sagen, in der Regel leider wenig Zeit, sich tiefer in die EU-Materie einzuarbeiten, um den lokalen Medien mehr anbieten zu können. Üblicherweise bleibt es folglich bei der knappen Nachricht, dass wieder ein EU-gefördertes Projekt im Landkreis genehmigt worden sei.

Die Quellen, aus denen die Förderbeträge stammen, die sie erwähnen, sind hauptsächlich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie der Europäische Sozialfonds (ESF). Obwohl es diese Fonds seit Jahrzehnten gibt, sind sie in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, obwohl – wie die EU-Kommission immer wieder betont – beinahe jeder Unionsbürger bereits davon profitiert hat. Richtlinien der EU schreiben zwar vor, dass Empfänger der Fördermittel öffentlich machen müssen, dass das Geld aus dem EUHaushalt stammt.

Aber die Vorschriften sagen nichts über den Umfang der Öffentlichkeitsarbeit aus. So muss beispielsweise nicht erläutert werden, warum der Empfänger überhaupt in den Genuss der Brüsseler Förderung kommt und was die 27 Mitgliedsstaaten, die das  Förderprogramm gemeinsam mit dem Europäischen Parlament beschlossen haben, mit den Subventionen eigentlich erreichen wollen. Die Erläuterungen der Projektnehmer vor Ort beschränken sich meistens auf einen einzigen Satz mit Hinweis auf das Förderprogramm, zu dem das EU-Logo gestellt wird.

In den Pressestellen der Landratsämter und selbstverständlich auch der Rathäuser beschäftigen sich die Mitarbeiter nicht allein mit Mitteilungen über lokale Projekte, die von der EU teilfinanziert werden. Es sind darüber hinaus neben landwirtschaftlichen vor allem Umwelt- und Naturschutzthemen, mit denen sich die Behörden auseinanderzusetzen haben und die sie der Öffentlichkeit auch vermitteln müssen. Ob dies nun den Feinstaub betrifft, den Lärm- und Gewässerschutz, die Ausweisung von Naturschutzgebieten, die Abfallwirtschaft oder das Aufenthaltsrecht – Auslöser von allem war ursprünglich die Europäische Union.

In Brüssel bekamen die Landratsamtssprecher immer wieder zu hören, sie seien als Öffentlichkeitsarbeiter den Bürgern am nächsten und daher als Übermittler von EU-Wissen prädestiniert. Von den Angesprochenen wird das unterschiedlich gesehen. Wie viel Raum sie diesem Auftrag in ihrer Arbeit geben können, hängt nach ihrer Überzeugung vor allem von der Verwaltungsspitze und deren Einstellung zu Europa ab.

„Es gibt noch unausgeschöpfte Reserven für Öffentlichkeitsarbeit“

So hat Landrat Johannes Fuchs (FDP) öffentlichkeitswirksam die Bilanz der Europapolitik des Rems-Murr-Kreises präsentiert und betont, dass sich die Aktivitäten auch finanziell für den Landkreis lohnten. Sprecher Andreas Fritz aus Ludwigsburg erläutert, dass der Landkreis seinen Kultur- und Schulausschuss gleichzeitig zum Europaausschuss gemacht habe. Dort werde über aktuelle Themen informiert und diskutiert. Es gebe einen Europabeauftragten und eine Mitarbeiterin der Pressestelle kümmere sich um Europaangelegenheiten.

Bernd Weltin, Sprecher im Alb-Donau-Kreis, sagt, es gebe aus seiner Sicht angesichts der Vielzahl von EU-weiten Regelungen, die die Verwaltungsarbeit der Kreise beträfen, unausgeschöpfte Reserven für mehr Öffentlichkeitsarbeit. Die Medien seien vielfältig, ob Internetauftritt, Basisbroschüre oder Jahresberichte. Die Pressesprecherin des Landkreises Rastatt, Gisela Merklinger, sagt: „Wer in der Presse und Öffentlichkeitsarbeit tätig ist, kann und muss zum Einigungsprozess in Europa einen Beitrag leisten.“ In ihrem Bereich wolle sie das tun.