E-Mobilität: Netz an Schnellladesäulen verdichten

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SWP Uwe Roth 11.07.2017

Ein Masterplan zeigt den Bedarf auf, um überall in der Region Stuttgart in maximal fünf Minuten an Strom zu kommen. Die Finanzierung ist noch unklar.

Nicola Schelling, Direktorin des Verbands Region Stuttgart (VRS), fährt eine Doppelstrategie: Ein Dieselfahrverbot lehnt sie kategorisch ab. Gleichzeitig will die Fahrerin eines schnellen Elektromobils in der Region das Netz aus Schnellladesäulen verdichten und damit die Elektro-Mobilität fördern. An einer Schnellladesäule ist die Batterie im besten Fall in einer halben Stunde „aufgetankt“. Eine normale Ladesäule benötigt dafür mindestens zwei Stunden, eine Haushaltssteckdose etwa einen halben Tag. „Von gut erreichbaren und leistungsfähigen Ladesäulen hängt die Alltagstauglichkeit der Elektromobilität ab“, ist Schelling überzeugt.

Region Stuttgart auf Platz eins der Elektromobilität

„Mit einem gewissen Stolz“ verweist Schelling darauf, dass sieben Prozent aller in Deutschland zugelassenen Elektroautos in der Region Stuttgart unterwegs sind. Die Daimler-Tochter „car2go“ rühmt sich, in Stuttgart die „größte elektrische, flexible Carsharing-Flotte der Welt“ zu haben, die von mehr als 100 000 Kunden genutzt werden. Als Beweis führt „car2go“ eine Mobilitätsstudie von Pricewaterhouse Coopers (PwC) und dem Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt an. Darin ist die Landeshauptstadt in der Kategorie Elektromobilität als Nummer Eins platziert. Im Ranking eingeschlossen ist das im Vergleich zu anderen Regionen dichte Ladesäulennetz.

Tatsächlich ist es aber so, dass ein Ortsfremder die nächste E-Station gar nicht so leicht findet. Laut der Internetseite e-tankstellen-finder.com gibt es in der Region rund 500 Auflademöglichkeiten, knapp die Hälfte davon im Stuttgarter Stadtgebiet. Die übrigen sind ungleich verteilt. So haben nach Angaben des Portals, das bei Google oben gelistet ist und daher das am häufigsten genutzte sein dürfte, im Rems-Murr-Kreis 16 der insgesamt 25 Stationen eine Waiblinger Adresse. Im Landkreis Ludwigsburg mit 66 E-Tankstellen verfälscht Bosch ein wenig das Bild, da 23 eingetragene Stationen auf drei Firmengeländen stehen, die meisten in Schwieberdingen. Der Landkreis Esslingen bringt es auf 37, Böblingen auf 38 E-Tankstellen, sechs allein an Autobahnraststätten.

Bislang 29 Schnelladesäulen in der Region

Die Zukunft, da sind sich Experten sicher, gehört den Schnellladern. Die Automobilhersteller und auch der VRS setzen dabei auf das Combined Charging System (CCS), das eine Batterie wahlweise mit Wechselstrom (AC) als auch mit Gleichstrom (DC) auflädt. Bei einem längeren Aufenthalt, beispielsweise über Nacht, reicht Wechselstrom, wenn es schnell gehen soll, wird Gleichstrom genutzt. Auf der interaktiven Karte ccs-map.eu sind in der Region Stuttgart 29 Schnellladesäulen verzeichnet: In den Landkreisen Ludwigsburg, Böblingen und in Stuttgart jeweils sieben, im Landkreis Esslingen drei und im Rems-Murr-Kreis fünf.

Der VRS hat vom Karlsruher Institut für Technologie einen mit Bundesmitteln geförderten „Regionalen Masterplan Schnellladeinfrastruktur“ erstellen lassen. Demzufolge müssten 58 neue Standorte geschaffen werden, wenn man von jedem Punkt der Region aus in zehn Minuten die nächste Schnellladesäule erreichen will. Halbiert man die Zeit, steigt der Bedarf laut der Studie auf 218. Für die Finanzierung steht der VRS allerdings nicht zur Verfügung. Laut den Worten von Schelling will er im Wesentlichen beratend und unterstützend eingreifen. Die Mittel, so hofft die Regionaldirektorin, könnten vom Land und vom Bund kommen.

Region will Ausbau Schnelllade-Netz nicht finanzieren

Zurückhaltend steht man der Frage nach der Finanzierung der Schnellladesäulen auch in den Reihen des Regionalparlaments gegenüber: Aus Sicht von Wolfgang Häfele (CDU) ist die E-Mobilität zwar „im Vormarsch“, aber noch in einer Übergangszeit. Die Technologie müsse sich noch durchsetzen, urteilt er. Der Bau von Ladeinfrastruktur ist nach seiner Ansicht „keine Aufgabe der Region“.

Irmela Neipp-Gereke von den Grünen findet, die Region Stuttgart könnte in Sachen Elektromobilität noch weiter sein, wenn die heimischen Autobauer sich dem Thema früher gewidmet hätten. Albrecht Braun (FDP) sieht die Aufgabe des Regionalverbands lediglich darin, die „Marktteilnehmer aufzurufen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden“.

Straßenlaternen liefern Energie

Verschiedene Unternehmen in Deutschland bieten die technische Umrüstung von Straßenlaternen zu Ladestationen an. Dazu zählt die Energie Baden-Württemberg (EnBW). Seit 2015 hat der Energieversorger das „SM!GHT“ (Smart City Light) im Programm. Es steht für „intelligente Laternenmasten“, die nach dem Baukastenprinzip verschiedene Möglichkeiten bieten: Über den Zugang zum Internet oder die effiziente Straßenbeleuchtung hinaus lassen sich sogar Elektrofahrzeuge aufladen oder verschiedene Luft- und Umweltdaten aus der Umgebung erheben. uro

Siehe auch:

http://journalistroth.eu/e-mobilitaet/