Die Zukunft gehört dem Elektroantrieb

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ZVW Uwe Roth 22.10.2016

VDI-Forum in Waiblingen zum Thema Elektroantriebe: „Bewährte Technik mit frischem Potenzial“


Der Waiblinger Motorgerätehersteller hatte dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) sein neues Forschungszentrum als Veranstaltungsort für Vorträge über den Entwicklungsstand des Elektroantriebs angeboten. Rund 200 Ingenieure aus der Region Stuttgart waren ins Werk 2 nach Neustadt zum 18. VDI-Forum gekommen, um aus erster Quelle zu hören, wie groß das „frische Potenzial“ einer bewährten Technik tatsächlich ist. Zusammengefasst lässt sich feststellen: Die Ingenieure hegen keine Zweifel daran, dass der Batterietechnik die Zukunft als Antriebsquelle gehört.

Ingenieure sind in der Regel pragmatische Wesen. Selbstverständlich schätzen sie den abgasfreien Elektromotor als Ersatz für den Verbrennungsmotor im Einsatz gegen die Erderwärmung. Das Klimaabkommen von Paris begrüßen sie aber auch aus dem Grund, weil Politik und Gesellschaft ihrer Technik nunmehr eine größere Aufmerksamkeit schenken. Der Elektroantrieb ist nicht nur CO2-frei, „er hat auch noch viele andere Vorteile und bietet dem Nutzer neue tolle Features“, betonte Professor Wilhelm Bauer, Vorsitzender des Württembergischen Ingenieurvereins. Kein Lärm, kein lästiges Kabel, kein großes Getriebe – der Elektromotor ist dem Verbrennungsmotor in vielerlei Hinsicht haushoch überlegen. Ohne Elektroantrieb, und auch das war zu hören, bleibt das Schlagwort Industrie 4.0 eine Worthülse.

Die Technik ist bewährt, da der Elektromotor bereits vor 100 Jahren in vielen Bereichen und sogar als Transportmittel im Einsatz war. Der Elektroantrieb hätte damals dem Verbrennungsmotor den Rang abgelaufen, wäre die Batterietechnik schneller vorangekommen. Doch dieser war keine Entwicklungschance mehr geblieben, seitdem Bosch mit der Glühkerze und anderen Erfindungen die Benzinmotorenentwicklung beflügelte. Ein Jahrhundert musste vergehen, um die Batterie wieder in den Wettbewerb mit den fossilen Brennstoffen zu bringen. Die Leistungssteigerungen in den vergangenen Jahren seien beachtlich gewesen, waren sich die Referenten des Abends einig. Aber viel wichtiger war ihre Botschaft: Es ist noch Luft nach oben. Soll heißen, die Elektromotoren werden bezüglich ihrer Reichweiten in naher Zukunft mit den Verbrennungsmotoren konkurrieren können.

Heiko Rosskamp ist der Hauptabteilungsleiter Elektro- und Akkuprodukte bei der Firma Stihl. Er erinnerte daran, dass die erste Kettensäge des Firmengründers 1926 mit einem Elektromotor arbeitete. Doch die hat noch Strom aus der Steckdose benötigt, die im Wald nicht zu finden ist. Der Baum musste zur Säge geschafft werden. Heute ist es umgekehrt. Das Unternehmen habe Elektrogeräte mit starken Akkus im Angebot, berichtete Rosskamp. Beispielsweise könne man mit 1,5 Akkuladungen eine Anhängerladung Holz klein sägen. Hochstromzellen hätten die Leistungen „deutlich verbessert“ allein in den vergangenen sechs Jahren um 70 Prozent.

Von enormen Leistungssteigerungen sprach auch Andreas Docter, Bereichsleiter Entwicklung Hochvolt-Komponenten bei der Daimler AG in Sindelfingen. Er schätzt, dass der Konzern im Jahr 2025 zwischen 15 und 20 Prozent seines Umsatzes mit zehn verschiedenen Elektrofahrzeugmodellen machen wird. „Die Batteriezellen werden permanent besser“, berichtete Docter. Auch er sprach von einer Renaissance der Elektromobilität. Aber der Entwicklungsdruck in der Branche sei hoch. Alle drei Jahre kommt eine neue Generation von Motoren auf den Markt. Daimler will mit einem Fahrzeug punkten, das von zwei Elektromotoren mit jeweils 150 Kilowatt Leistung angetrieben wird und eine Reichweite von bis zu 500 Kilometer hat.

Das Förderband wird zum Gängelband

Was ein moderner Elektroantrieb mit Industrie 4.0 zu tun hat, erläuterte Hans Krattenmacher, Leiter der Entwicklung Elektronik bei SEW-Eurodrive in Bruchsal. Das Unternehmen stattet mit seinen 16 300 Mitarbeitern weltweit automatisierte Regallager und Förderbänder mit den notwendigen Komponenten aus. Sein Team machte sich Gedanken, wie Produktionsabläufe in einer 4.0-Fabrik stattfinden werden, und kam zum Schluss: Fest installierte Fertigungsstraßen und Rollenbahnen wird es nicht mehr geben. Das Förderband wird zum Gängelband, weil es sich nicht flexibel an immer neue Produktionsanforderungen anpassen lässt. In einer 4.0-Fabrik gibt es keine Förderbänder mehr, wie Krattenmacher in einer Animation zeigte. Stattdessen fahren autonome Elektromobile die Komponenten dorthin, wo sie benötigt werden. „Die intelligente Fabrik von morgen ist modular aufgebaut“, lautete seine Vision. Wie so etwas aussieht, hat SEW auf der Hannover-Messe gezeigt. Die Resonanz sei sehr positiv gewesen. Krattenmacher jedenfalls ist davon überzeugt, „dass ein großer Umbruch in unserem Haus stattfinden wird“.