Staatsanzeiger Uwe Roth Oktober 2012
Stichwort Entgleisungen. . . Dazu fällt einem im Moment eine Menge Merkwürdiges ein. Irgendwie scheint vieles, was uns gerade bewegt, aus der Spur zu geraten.
Nicht nur Reisezüge aus Gleis 16 des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Stuttgart 21 setzt im Bahnhofsbau bekanntlich neue Maßstäbe – scheinbar auch bei der Spurbreite. Gleis 16 ist auf dem Weg, ebenso mystisch zu werden wie das Gleis 9¾ im Bahnhof King’s Cross, von dem aus Harry Potter zu seinem Zauberinternat ins schottische Hochland startet. Wie froh wäre die Bahn über eine solche dahin gezauberte 9¾-Lösung. Die Fahrgäste laufen samt Gepäck voller Reiselust gegen den Bahnhofsturm und sind schwupps in der virtuellen Welt von Stuttgart 21, von wo aus es in die weite Welt geht. Doch wir alle sind eben nur sterbliche Muggels, die – statt zu zaubern – mit viel Geduld und Spucke sämtliche Arbeiten konventionell erledigen müssen. Und gelegentliche Entgleisungen gehören eben dazu. Entgleisungen. . . Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) herrschte einen jungen Mann an, er solle doch, ´s Maul halten. . . VfB-Trainer Bruno Labbadia entgleiste in einer Pressekonferenz, als er die Schuld am schlechten Abschneiden seiner Mannschaft der Etatkürzung gab. Die Wutrede hätte er so ähnlich auch in Athen halten können, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf völlig aus der Spur geratene Griechen traf. Den Stuttgarter Bahnhofsverantwortlichen bleibt der Trost: Ein entgleister IC ist leichter wieder in die Spur zu bringen als eine entgleiste Finanzwelt.