ZVW Uwe Roth Beilage Fokus Beruf – Ausbildungsmesse Rems-Murr-Kreis
Neben handwerklichem Können ist einen guten Umgang mit Kunden zu lernen das zentrale Ausbildungsziel bei der Firma SEN-Haustechnik in Waiblingen-Hegnach. Andreas Chatziemmanouil beendet dort demnächst seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Es ist ein Beruf mit Tradition, der in Zukunft auch mit dem Internet zu tun hat.
An diesem Tag darf Andreas Chatziemmanouil mal so richtig seine Kräfte zum Einsatz bringen – nicht bei einem Kunden vor Ort, sondern direkt in seinem Ausbildungsbetrieb. Der 20-Jährige hat den Auftrag bekommen, mit dem Schlaghammer in der Toilette neben der Werkstatt sämtliche Fliesen zu entfernen, ohne dabei Löcher in die Wand zu hauen. Das Werkzeug muss er im Wortsinn gut im Griff haben. Altes Klo und Waschbecken raus, neue Sanitäranlage rein. Bei der Komplettrenovierung kann der Azubi seinem Chef Selami Sen zeigen, was er in den vergangenen drei Jahren gelernt hat.
Der Hegnacher hat einen Realschulabschluss und macht in der Firma SEN-Haustechnik eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik. Der Betrieb hat vier Gesellen und drei Auszubildende. Eine Lehrwerkstatt wie in großen Betrieben gibt es folglich nicht. Die Grundkenntnisse im Bereich der Metalltechnik wie Löten und Schweißen hat er während seines ersten Lehrjahrs in der Gewerblichen Schule in Waiblingen gelernt. In einem familiengeführten Handwerksbetrieb sind Auszubildende vom zweiten Lehrjahr an vor Ort bei Kunden gemeinsam mit einem Gesellen im Praxiseinsatz.
Wichtig ist zwischenmenschliche kompetenz
Die Firma SEN-Heizungstechnik konzentriert sich auf Instandhaltung und Renovierung bestehender Heizungs- und Sanitäranlagen. Sie ist weniger an Neubauten beteiligt. Folglich sind meistens die Kunden in unmittelbarer Nähe, wenn die Monteure im Bad oder an der Heizung arbeiten. Ein Handwerksbetrieb lebt vom guten Ruf und weniger von klassischer Werbung, sagt der Geschäftsführer. Vom Kunden gebe es nur eine Weiterempfehlung, wenn neben der Qualität der Arbeit ein Auftrag zuverlässig ausgeführt werde und die Mitarbeiter freundlich seien. „Den Boden zu reinigen, bevor meine Leute den Kunden verlassen, das gehört einfach dazu“, nennt Sen als Beispiel. Auf „zwischenmenschliche Kompetenz“ legt er daher großen Wert.
Den fachgerechten Umgang mit Rohren lerne ein Auszubildender allemal, sagt er. Ein gutes Gespräch mit Kunden zu führen, sei oftmals die größere Herausforderung. Chatziemmanouil hat bisher gute Erfahrungen gemacht, wie er sagt. Oft gebe es ein Trinkgeld nach getaner Arbeit. Vom Kunden einen Sprudel angeboten zu bekommen, sei ganz normal. Für Selami Sen ist ein wichtiges Thema, sich permanent weiterzuentwickeln. „Stillstand ist Rückschritt“, lautet sein Motto, das er nicht nur an die Mitarbeiter weiterreicht, sondern selbst beherzigt. So hat er neben dem Meistertitel den Abschluss zum „Betriebswirt des Handwerks“ gemacht. Den empfiehlt er dringend, sollte man sich selbstständig machen wollen. In seinem Handwerk laufe es seit einigen Jahren wieder richtig gut, sagt er zufrieden. Das zeige sich an der steigenden Zahl von Bewerbungen. Dem Wettbewerb um Auszubildende mit Industriebetrieben sieht er sich gewachsen, zumal sich die Ausbildungsvergütungen im Handwerk verbessert hätten. „Die Abstände sind längst nicht mehr groß.“
Toiletten analysieren Stuhlproben
Die Anforderungen an seinen Fachbetrieb ändern sich laufend: Die Umweltnormen für Heizungsanlagen werden strenger und immer häufiger über alternative Energiequellen betrieben. Kunden wollen von unterwegs die Raumtemperatur steuern oder das Badewasser einlaufen lassen. Das funktioniert über Smartphone, Internet und WLAN. Zur Mechanik kommt immer mehr Elektronik. „Man muss für das offen sein, was noch kommen wird“, sagt Selami Sen. Auch im Bad ändere sich nicht nur von Zeit zu Zeit das Design. So gebe es inzwischen Toiletten, hat er erfahren, die könnten eine Stuhlprobe auf Krankheiten analysieren. „Das ist keine Zukunftsmusik mehr“, sagt er und staunt selbst ein bisschen.