Bietigheimer Zeitung 06.02.2018
Die Projektgruppe Bildung und Region – biregio – hat im Auftrag der Stadt Ludwigsburg eine aktuelle Bevölkerungsprognose erstellt. Die sagt kurzfristig hohe Kinderzahlen voraus. Von Uwe Roth
Die Stadt Ludwigsburg überschreitet im Jahr 2025 die Grenze von 100 000 Einwohnern. Dann wäre sie offiziell eine Großstadt. Das geht aus den Berechnungen der Projektgruppe Bildung und Region – biregio – zur Bevölkerungsentwicklung hervor. 20 Jahre später soll die Bewohnerzahl wieder fünfstellig sein. Über 2046 hinaus eine Prognose über die weitere Bevölkerungsentwicklung zu wagen, sei Stand heute mehr als gewagt, sagte der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried am Montag bei der Präsentation der Zahlen zur demografischen Entwicklung der Stadt. Aus den vorgelegten Zahlen hat die Verwaltung den Bedarf an Kindertageseinrichtungen sowie den an Schulen ermittelt.
Das Ergebnis für die kommenden Jahren ist auf den ersten Blick nicht überraschend: In allen Bereichen wächst die Nachfrage nach Betreuungsangeboten. Obwohl die Stadt derzeit 420 Plätze für unter und über drei Jahre alte Kinder in Planung hat, wird das Angebot voraussichtlich nicht reichen.
Prognose: 800 Betreuungsplätze zu wenig
Nach den Berechnungen werden bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts trotz aller bisherigen Anstrengungen knapp 800 Plätze für die Betreuung von über Dreijährigen fehlen. Aktuell fehlen 180 Plätze. Bei den unter Dreijährigen ist die Entwicklung dagegen weniger dramatisch. In diesem Jahr fehlen 225 Plätze. Die Zahl wird nach den statistischen Berechnungen kontinuierlich sinken.
In der Vergangenheit hat die Stadtverwaltung eigene Schätzungen zur Bedarfsermittlung angestellt und „eher kurzfristig geplant“, wie der für den Bildungsbereich zuständige Bürgermeister sagte. Diesmal hatte sie aber die Fachagentur aus Bonn beauftragt, um die Verlässlichkeit der Prognosen zu verbessern und eine längerfristige Planung zu ermöglichen. Wie sich nach Auswertung der demografischen Daten herausgestellt hat, wird in Ludwigsburg der Bedarf an Betreuungsangeboten in spätestens zehn Jahren zurückgehen. Ab dem Jahr 2030 könnte der Bedarf für unter Dreijährige sogar unter den aktuellen Stand sinken.
In der Stadt leben derzeit besonders viele Menschen um die 30 Jahre, die sich in der Familienplanung befinden. Deren Kinder sind spätestens in zwei Jahrzehnten durch das städtische Bildungssystem durch. Jüngere Jahrgänge sind in der Stadt bisher nicht so stark vertreten. Bleibt das so, gibt es weniger Geburten.
Anstieg der Schülerzahlen
Für Renate Schmetz, Fachbereichsleiterin Bildung und Familie, stellt sich folglich die Frage, wie viele zusätzliche Festbauten notwendig seien und wie viele temporäre Immobilien. So sollen in Wohnanlagen Kindertagesstätten eingerichtet werden, die zu einem späteren Zeitpunkt in Wohnungen umgewandelt werden könnten, lautet eine Überlegung. Man müsse eine Flexibilität in den Angeboten entwickeln, sagte Seigfried.
Gleiches gelte für die Grundschulen. Bis 2030 wird mit einem Anstieg der Schülerzahl um 1000 auf dann 4400 gerechnet. Derzeit wechseln nach Angaben von Schmetz etwa 50 Prozent aufs Gymnasium. Vier Züge müssten hinzukommen, um die Nachfrage aufzufangen.
Keine Sorge um Fachkräftemangel
Bei den Werkrealschulen rechnet die Stadt mit einem starken Rückgang, während die Realschulen leicht zulegten. Für die beiden Gemeinschaftsschulen wird eine positive Entwicklung der Schülerzahlen erwartet, obwohl es „noch eine gewagte Prognose ist“, wie Seigfried relativierte.
Ebenso wenig gesichert sei, ob in der Zukunft ausreichend Fachkräfte für die Kitas angestellt werden könnten. Schmetz ist nach eigener Aussage aber optimistisch, ausreichend Bewerber zu finden, da die neuen Einrichtungen über die nächsten Jahre verteilt eröffnet würden – und nicht alle auf einmal.