Links Georg Wrobel (77) und Ciro Mödinger (14) bei der gemeinsamen Arbeit in der Ludwigsburger Hufschmiede. „Ich brauche körperliche Arbeit“, sagt der Schüler. Foto: Uwe Roth

Schmiedemuseum Ludwigsburg: Überall hängt der Ruß eines Jahrhunderts

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Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 06.03.2017

Hufschmiede hat es in der ehemaligen Militärstadt Ludwigsburg früher an jeder Ecke gegeben. Eine 130 Jahre alte Werkstatt ist als Museum übrig geblieben. Einmal im Monat steht sie Besuchern offen.

Museumsschmied in Ludwigsburg: Georg Wrobel (77). Foto: Uwe Roth
Museumsschmied in Ludwigsburg: Georg Wrobel (77). Foto: Uwe Roth

Ludwigsburg. Der alte Schmied schwingt den Hammer. Es macht dong, dong, dong; die Hammerschläge des jungen Mannes machen aus dem Dong ein gleichmäßiges Dongdong, Dongdong, Dongdong. Eine Werkstatt wie aus dem Geschichtsbuch. An der Wand lodert auf der Esse das Kohlenfeuer, ein Elektrogebläse bringt die Flammen auf die richtige Temperatur von über 1000 Grad. Überall hängt der Ruß eines Jahrhunderts. Auch altes Werkzeug und unzählige Schmiedeteile sind von ihm überzogen; Kohlestaub vermischt sich mit Rost.

Der alte Schmied gibt kurze Anweisung, der junge führt sie ohne große Worte aus. Ein Meister und sein Lehrbub, möchte man meinen. Aber ihr Arbeitsplatz ist tatsächlich seit 2004 eine Außenstelle des städtischen Museums Ludwigsburg im ehemaligen Arbeiter- und Handwerkerviertel in der unteren Stadt. Anlass für die Eröffnung damals war die 300-Jahr-Feier der Stadt. Seither ist die historische Werkstatt an der Ecke Hospital-/Untere Reithausstraße einmal im Monat für einen Tag geöffnet und in Betrieb. Derzeit ist es der erste Samstag im Monat von elf bis 16 Uhr.

Museumsschmied kommt aus dem Ruhrpott

Links Georg Wrobel (77) und Ciro Mödinger (14) bei der gemeinsamen Arbeit in der Ludwigsburger Hufschmiede. Foto: Uwe Roth
Links Georg Wrobel (77) und Ciro Mödinger (14) bei der gemeinsamen Arbeit in der Ludwigsburger Hufschmiede. Foto: Uwe Roth

Georg Wrobel ist tatsächlich gelernter Schmied. Doch wer einen schwäbischen, eher schweigenden Handwerker erwartet hat, liegt daneben. Der 77-Jährige kommt aus dem Ruhrpott, wie er sagt, um gleichzeitig mit dieser Herkunftsangabe seine flotte Redensart zu erklären. Ende der 1980er Jahre hat es ihn beruflich nach Kornwestheim verschlagen – wohl zu spät, um noch etwas Schwäbisch abzubekommen. Seit er in Rente ist, macht er mit viel Leidenschaft für die Besucher den Gelegenheitsschmied. Der Nordrheinwestfale hämmert nicht einfach vor sich hin, sondern erklärt seinen Zuschauern nach jedem Handgriff, was er als nächstes macht.

Der vermeintliche Lehrbub ist im Übrigen ein Gymnasiast aus Plochingen. Ciro Mödinger ist 14 Jahre alt und kommt seit zwei Jahren an jedem Besuchertag nach Ludwigsburg. Mittlerweile ist er bestens eingearbeitet und hat die volle Anerkennung seines Meisters. Ciro aber will Abitur machen und danach irgendwas Praktisches. „Ich brauche körperliche Arbeit“, sagt der Schüler. Die Schmiedekunst wird es eher nicht werden.

„Verbranntes Horn riecht penetrant“

In der Museumsschmiede Ludwigsburg ist Werkzeug aus vielen Jahrzehnten aufbewahrt. Foto: Uwe Roth
In der Museumsschmiede Ludwigsburg ist Werkzeug aus vielen Jahrzehnten aufbewahrt. Foto: Uwe Roth

Ruth Miekley hieß früher Schäfer. Ihr Vater Hermann war der letzte Schmied, der in dieser Werkstatt bis in die 1990er Jahre hinein sein Geld verdiente und eine Familie damit ernährte. Die wohnte gleich über der Werkstatt. Die 67-Jährige ist mit dem Ort, an dem sie Jahrzehnte gelebt hat, bis heute verbunden und schaut regelmäßig an den Museumstagen vorbei. An den dröhnenden Hammerschlägen habe sie sich nie gestört, erinnert sie sich. Viel schlimmer sei der Geruch gewesen, wenn die Pferde mit dem glühenden Eisen beschlagen worden seien. „Verbranntes Horn riecht penetrant. Den Geruch kriegen Sie nicht mehr aus der Nase.“ In der Werkstatt hat die Ludwigsburgerin ihr erstes Geld verdient: „Jeden Samstag haben wir mit Schmirgelpapier die Ambosse poliert. Dafür gab’s 50 Pfennig. War für uns damals viel Geld.“

Ihr Vater hat in seiner Werkstatt herumgewerkelt bis er 85 Jahre alt war, berichtet sie. Mit 94 ist der letzte Schmied der Ludwigsburger Kernstadt gestorben. Die Stadt zeigte Interesse daran, die Werkstatt, die sich während ihres 130-jährigen Bestehens kaum veränderte, zum Museum zu machen. Ruth Miekley nahm das Angebot gerne an. Sie und ihrem Mann Klaus liegt viel daran, die Handwerkertradition der Unteren Stadt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Info: Am 28. Mai im Rahmen des Ludwigsburger Pferdemarkt gibt es in der Unteren Reithausstraße ein großes Fest, an dem sich alte Handwerksberufe präsentieren werden.

Gymnasiast Ciro Mödinger (14) ist von der Arbeit in der Museumsschmiede begeistert. Foto: Uwe Roth
Gymnasiast Ciro Mödinger (14) ist von der Arbeit in der Museumsschmiede begeistert. Foto: Uwe Roth