Bietigheimer Zeitung Uwe Roth 020.05.2017
Maidemo AfD, Brexit und Trump – bei ihrer Kundgebung am 1. Mai in Ludwigsburg hatten die Gewerkschaften viele Themen, bei denen sie ihre Werte bedroht sehen.
Catharina Clay, die Landesbezirksleiterin der IG BCE Baden-Württemberg, nahm sich in ihrer Mairede auf dem Marktplatz in Ludwigsburg als erstes die AfD vor: Die Partei habe den Gewerkschaften vorgeworfen, das Land auflösen zu wollen und sich den Beschäftigten als Alternative präsentiert. Wer so etwas fordere, sei keine Alternative für Deutschland, sondern ein Problem für Deutschland. Die AfD, so Clay, „ist ganz sicher keine Alternative zu dem, für was wir als Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen stehen“.
1.-Mai-Demonstration DGB Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
So habe die rechtskonservative Partei die Abschaffung der Agentur für Arbeit in ihr Wahlprogramm geschrieben. Faktisch ermögliche das den Arbeitgebern den Ausstieg aus der paritätischen Arbeitslosenversicherung. Dass diese Partei mit einer solchen Forderung „bei uns 15 Prozent der Stimmen bekommen hat, muss uns aufrütteln“.
1.-Mai-Demonstration DGB Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
Das Grundgesetz gebe es vor: Die Würde des Menschen ist unantastbar – sei es Religion oder Hautfarbe. „Wer sich dazu nicht bekennt, darf in unseren Parlamenten keine Politik machen.“ Deswegen sei es wichtig, dass sich die Wahlberechtigten im September an der Wahl zum Bundestag beteiligten. Was passieren könne, wenn man anderen die Wahl überlasse, habe sich in Großbritannien und den USA gezeigt. Und in Frankreich sei die Gefahr nicht ausgestanden, dass Nichtwähler die rechtsextreme Front National zum Sieger machten.
Mangelnde politische Bildung
Verregnete 1.-Mai-Kundgebung des DGB in Ludwigsburg auf dem Marktplatz. Foto: Uwe Roth
Wie sich nach dem Brexit und der Trump-Wahl gezeigt habe, ist mangelnde politische Bildung eine Ursache, warum viele Menschen falsche Versprechen nicht entlarven könnten. „Wissen und Tun gehören zusammen“, so Clay. „Deshalb brauchen wir politische Bildung.“ Deshalb sei es richtig gewesen, dass die Vorgängerregierung im Land die Bildungszeit eingeführt habe. Sie warnte die Grünen davor, vor ihrem jetzigen Koalitionspartner CDU, der die Bildungszeit wieder eindampfen wolle, einzuknicken.
Ein weiteres Thema, das die Gewerkschaften derzeit fordert, ist nach den Worten von Clay das Arbeiten 4.0. „Zukunft in der Arbeitswelt geht nicht ohne die Menschen“, sagte sie. „Wer eine Zukunft 4.0 will, der braucht auch eine Mitbestimmung 4.0 und einen Arbeitsschutz 4.0“. Zudem beklagte die Landesbezirksleiterin der IG BCE die zunehmende Zahl an Teilzeitverträgen und Leiharbeitern. „Menschen sind nicht ein notwendiges Übel im Betrieb. Ohne uns geht es nicht“, sagte sie und stellte fest, dass es den Beschäftigten zunehmend an Wertschätzung seitens der Arbeitgeber mangele.
Weltmusik-Band Diversité bei der 1.-Mai-Kundgebung des DGB in Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth
Auch die 1.-Mai-Kundgebung der Gewerkschaften hat unter dem regnerischen Wetter gelitten. Zum Demonstrationszug vom Forum am Schlusspark durch die Innenstadt bis zum Marktplatz waren nur etwa 100 Teilnehmer gekommen. Eigentlich wollten die Organisatoren wegen der Wetterlage den Marsch durch die Stadt abkürzen. Doch die Polizei machte aus versicherungstechnischen Gründen nicht mit, wie die begleitenden Beamten sagten.
Bürokratie durchkreuzt Pläne
Die Protesttour musste vorschriftsgemäß eingehalten werden. Lenin hätte sich angesichts dieser Bürokratie bestätigt fühlen dürfen: „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“
1.-Mai-Demonstration DGB Ludwigsburg. Foto: Uwe Roth